Sonntag, 6. September 2009

Finanzreform: Kehrt nach Sommerpause grosse Flaute?

„Wir sind jetzt knapp aus der Talsohle der grössten Finanzkrise seit den 1930er Jahren“, schreibt Alan Blinder in einem interessanten Essay in New York Times. Vom letzten September bis März sei es geradezu erschreckend gewesen. Doch durch die Zeit, in der Kongress die Stadt für die Sommerpause verlassen hat, scheint die Finanzreform an Fahrt zu verlieren. Der ehemalige Wirtschaftsberater von Präsident Clinton und der Vize-Vorsitzende der Fed klagt in seiner Analyse die politische Gleichgültigkeit gegenüber notwendiger Finanzreform. Warum ist aber der Puls der Reform so schwach? Blinder sieht 5 Hauptgründe:

(1) Die Menschen haben eine erstaunliche Fähigkeit, zu vergessen. Das Finanzsystem funktioniert jetzt viel besser als im März oder im letzten Herbst. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit verlagert sich anderswo: Haushalt, Gesundheitsversorgung usw. (2) Die überfüllte gesetzgeberische Agenda, die die Ressourcen und die Zeit des Kongresses und der Verwaltung spärlich auf eine Vielzahl von Fragen ausbreitet. (3) Lobbying: Fast alles wird in Washington zu Tod lobbyiert. (4) Bürokratische Machtkämpfe. Die Industrielobbyisten sind nicht das einzige Problem. Verschiedene Regierungsbehörden wollen ihren Rasen pflegen oder erweitern. (5) Mangelnde Konzentration: Vielleicht sei es das Schlimmste von allem, die Öffentlichkeit in etwas so Komplexes beschäftigt zu halten.

Blinder, der als Wirtschaftsprofessor an der Princeton University tätig ist, misst drei Vorschlägen des US-Schatzamtes grosse Bedeutung bei. (I) Eine Aufsichtsbehörde fürs systemische Risiko. Ein Monitor, um Risiken, die sich entwickeln, zu beobachten und Warnungen zu äussern. Eine Regulierungsbehörde, die befugt ist, Massnahmen zu treffen. Blinder schlägt für diese Rolle die US-Notenbank (Fed) vor. (II) Ein neuer Mechanismus, um riesige Finanzinstitute zu rehabilitieren, deren Scheitern das ganze System gefährden könnte. Lehman ging in Chapter 11 mit katastrophalen Auswirkungen. AIG sei in ein erschreckend teueres Mündel des Staates verwandelt. Solche Situationen dürfe es nicht mehr geben. (III) Es muss etwas Ernstes getan werden, um den Derivate-Markt zu zähmen (nicht zu zerstören). Der Derivate-Handel bleibe heute unreguliert und nicht-transparent.

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