Freitag, 26. März 2010

Banking à la Kanada: Ist es die richtige Antwort auf die Krise?

Nach der Verabschiedung der Gesundheitsreform Präsident Obamas beginnt im US-Senat nun eine seriöse Debatte über die Finanzreform. Was dabei auffällt, ist das Hauptargument der Befürworter von „New Banking-Status quo“: „Kanada hat nur 5 Grossbanken und keine Krise“. Simon Johnson und Peter Boone befassen sich in einem lesenswerten Essay („Canadian Banking is Not the Answer“) in The New York Times mit dem Banking System Kanadas. “Der Vorschlag, in den USA ein Banking System nach kanadischer Art zu schaffen, ist ein blanker Unsinn“, schreiben die beiden Ökonomen. Warum? Vier von Kanadas Grossbanken haben 2008 Gewinn verbucht. Alle fünf Grossbanken waren zudem im Jahre 2009 profitabel. Und keine Bank hat kanadische Steuerzahler um Bailout gebeten. Selbst während der Grossen Depression kam es in Kanada zu keinem Zusammenbruch von Banken. In den vergangenen Jahren gab es lediglich zwei Bankausfälle im ganzen Land. Ist das Ergebnis nicht auf die Struktur der Branche und die strenge Regulierung zurückzuführen? Zudem existieren in Kanada „intelligent“ klingende Anforderungen: Nimmt man beispielsweise Kredit auf ein Haus auf, im Betrag von 80% über dem Wert des Hauses, dann muss man eine Hypotheken- Versicherung abschliessen. Ausserdem ist für Banken ein „Tier 1 Capital“ ( Kernkapital Rate) von 7% erforderlich.

Trotz strengerer Regulierung und Eingrenzung des Verschuldungsgrads auf dem Papier waren kanadische Banken höher verschuldet als gutgeführte amerikanische Geschäftbanken, behaupten Johnson (der ehem. Chefökonom des IWF) und Boone (London School of Economics). Hier sind die Zahlen, die sie liefern:

Verschuldungsgrad (leverage):
JP Morgan Chase: 13x (per Ende 2008)
Wells Fargo: 11x
Kanada’s 5 Grosse Banken: 19x
Royal Bank of Canada: 23x
Tier 1 Capital:
JP Morgan Chase: 10,9% (per Ende 2008)
Royal Bank of Canada: 9%

JP Morgan Chase und andere amerikanische Banken haben mehr “Tangible Common Equity” gehabt als kanadische Banken, halten die Autoren fest. Wenn aber kanadische Banken höher verschuldet und weniger kapitalisiert waren, was war der Grund, der ihr Vermögen sicherer machte? Die Antwort: Staatsgarantie, erklären Johnson und Boone.

Heute sind mehr als die Hälfte der kanadischen Hypotheken tatsächlich durch den Staat garantiert. Die Banken zahlen einen niedrigen Preis, um Hypotheken zu versichern. Praktisch alle Hypotheken, bei denen das Verhältnis des Darlehens zum Hauswert grösser als 80% ist, direkt oder indirekt von der kanadischen „Mortgage and Housing Corporation“ garantiert, erklären Johnson und Boone. Die USA haben natürlich Fannie Mae und Freddie Mac. Aber die Kreditvergabestandards wurden aufgelockert und die Agenturen konnten der Versuchung nicht widerstehen, riskantere Vermögenswerte als Hypotheken in ihre Bücher zu nehmen. „Mal sehen, wie lange Kanada dieser Versuchung widerstehen wird“, bemerken Johnson und Boone. Eine andere Stärke des kanadischen Systems ist die Kameradschaft unter den Regulierungsbehörden, der Bank of Canada und den einzelnen Banken, heben die beiden Ökonomen hervor. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Februar 2009 äusserte sich der Hauptgeschäftsführer der Toronto Dominion Bank (vielliecht nicht explizit) aber etwas unverschämt so, dass die Steuerzahler sich nicht darum kümmern müssen, wie dumm oder schlau die Banker des Landes sind. Die kanadische Regierung sei da, um sicherzustellen, dass die Gläubiger nie einen Cent verlieren werden. „Wir müssen die Banken in den USA in noch weniger Bankgiganten zusammenführen und dafür sorgen, dass Fannie Mae und Freddie Mac einige der riskantesten Teile der Bank-Portfolios gewährleisten", so Johnson und Boone. Die Grossbanken und ihre Lobbyisten mögen die Idee des Bankensystems à la Kanada. Hoffentlich gewinnt aber dieses Elixier nicht die Oberhand. Was amerikanische Bürger brauchen, sind kleinere Banken mit viel mehr Kapital und der Fähigkeit, zu scheitern, wenn sie dumm handeln, empfehlen Johnson und Boone.

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