Donnerstag, 20. Mai 2010

Schweizer Geldpolitik und Realwirtschaft

Thomas Jordan, Vizepräsident der SNB hat heute in einem Referat („Aktuelle Geldpolitik und deren Bedeutung für die Realwirtschaft“) in Wettingen argumentiert, dass die Auffassung, dass man mit einer expansiven Geldpolitik reale Grössen wie Beschäftigung und Produktion nachhaltig erhöhen kann, falsch ist. Die Nationalbank könne kurzfristig einen Beitrag zur Stabilisierung von Schwankungen und Schocks leisten, bzw. abfedernd oder ausgleichend wirken. Der Versuch eines „Fine-Tunings“ der Wirtschaft kann laut Jordan rasch kontraproduktiv sein, da unvorhergesehene prozyklische Wirkungen entstehen können. Die SNB stehe heute zwei zentralen Herausforderungen gegenüber: (1) Der aktuelle geldpolitische Kurs sei mittel- und langfristig betrachtet zu expansiv und berge dadurch bestimmte Gefahren. Eine zu spät eingeleitete Straffung der geldpolitischen Rahmenbedingungen führe mittelfristig zu einer Überhitzung der Volkswirtschaft und (2) Die europäische Schuldenkrise.


Wechselkurs Entwicklung CHF/Euro, Graph : Thomas Jordan, SNB


Eine Destablisierung des Euro löst einen zusätzlichen Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken aus. Stichwort: Schweizer Franken gilt in stürmischen Zeiten als „sicherer Hafen“. „Sofern sich der Wechselkurs in der Nähe seines Gleichgewichtswerts befindet, der von fundamentalen Faktoren, wie z.B. Produktivität- und Inflationsunterschiede bestimmt wird, ist ein Aufwertungstrend nicht problematisch“, erläuterte Jordan.

Eine übermässige Aufwertung kann unter solchen Umständen zu deflationären Tendenzen führen, warnt Jordan. „Eine Aufwertung des Schweizer Frankens macht die Importe billiger und kann daher über längere Zeit die Erwartungen der Konsumenten und Unternehmen auf einen anhaltenden Rückgang der Preise schüren“, so Jordan. Dies berge vielfältige Gefahren für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung: „So wird vermehrt Geld gehortet und die Konsumausgaben werden reduziert in der Hoffnung auf noch tiefere Preise in Zukunft“. „Zusammen mit dem durch die Aufwertung verursachten Rückgang der Exporte führen diese tieferen Konsumausgaben und Investitionen zu einer Abnahme des BIP und somit zu höherer Arbeitslosigkeit“, hält Jordan fest.


Unsicherheiten an den Finanzmärkten, Graph: Thomas Jordan, SNB

Fazit: Die SNB muss zwischen den gegenläufigen Risiken eine Art Gratwanderung durchlaufen. „Mit ihrem auf Preisstabilität ausgerichteten Konzept der Geldpolitik ist die SNB aber gut gerüstet, um diesen Herausforderungen entgegenzutreten“, erklärte Jordan schlussfolgernd.

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