Freitag, 22. Oktober 2010

Neue Stresstests nach betrügerischen Zwangsvollstreckungen?

Wie viel Schaden ist aus dem Zwangsvollstreckungsmorast für das Finanzsystem zu erwarten?, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay („Time for Some New Stress Tests for Banks“) in NYT. Eine Entwicklung, in der es um Anschuldigungen des systematischen und bewussten Fehlverhaltens der Banken geht, welche durch sog. „robo-signing“ (oder auch „robo-dockets“ genannt) wie am Fliessband täglich mehrere hundert Dokumente zur Zwangsräumung angefertigt haben, um Kunden unrechtmässig aus ihren Häusern zu vertreiben. Der Schaden für den Ruf der Banken ist unermesslich, bemerkt der ehem. Chefökonom des IWF: „Die Banken haben Eigentumsrechte untergraben und die Kunden in einer völlig inakzeptabler Weise misshandelt“. Wenn die Leute die Notwendigkeit einer neuen Verbraucherschutz-Behörde im Umgang mit Finanzprodukten und die Bedeutung einer klar denkenden Reformerin wie Elizabeth Warren auf deren Spitze bisher bezweifelt haben, sind sie jetzt vermutlich durch die jüngsten Ereignisse zum Schweigen gebracht worden, argumentiert Johnson.


Eine systemische Krise („Foreclosure Fraud For Dummies“), Graph: Mike Konczal in Rortybomb

Was sind aber die Kosten in Form von zusätzlich wahrscheinlichen Verlusten für die Grossbanken? Die wahrscheinliche Grösse und die Art führen zu genau der Art von systemischen Risiken, womit sich die kürzlich gegründete „Financial Stability Oversight Council“ zu befassen hat, erläutert der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor. Es ist schwer, zu wissen, wie die genauen Zahlen für die Verluste am Ende aussehen werden. Es bleibt viel Unsicherheit über die grundlegenden Eckwerte des Zwangsverstreckungsproblems. Viele intelligente Menschen suchen nach Wegen, um die Banken zu verklagen, insbesondere sie zu zwingen, die Wertpapiere zum Nominalwert zurückzukaufen, welche v.a. basierend auf Täuschung ausgegeben worden sind. Das ist eine sich schnell entwickelnde Situation, in der jeden Tag potenzielle bedeutende Nachrichten kommen. Aber der Konsens sei so, dass die Verluste sich auf 50 Mrd. $ bis 100 Mrd. $ belaufen. Das sind „neue“, von den Banken bisher nicht anerkannte Verluste, betont Johnson. Die meisten davon betreffen die sog. „put backs“ an die Banken von Fannie Mae und Freddie Mac, d.h. dass die Banken gezwungen sind, die zugrunde liegenden Wertpapiere auf ihre Bücher zu nehmen, und damit die einschlägigen Verluste zu absorbieren, fall es sich dabei um signifikante Verfälschung von Dokumenten handelt, legt Johnson dar. Das Kapital ist der Puffer, den die Banken gegen Verluste halten. Und die Banken wollen heute ihr Kapital nicht mehr erhöhen. Die Führungskräfte haben Angst über möglicherweise unzureichendes Kapital, was die Verfügbarkeit von Krediten betrifft, selbst für kreditwürdige Kreditnehmer. Das ist genau das, was die wirtschaftliche Erholung nicht braucht, hält Johnson fest.

Der beste Ansatz wäre, eine neue Reihe von Stresstest durchzuführen, resultierend in der Forderung, dass die Bank of America und vielleicht auch andere Banken ihr Kapital um einen bestimmten Betrag erhöhen und zusichern, dass die anderen Banken über genügend Kapital verfügen, auch im Rahmen von „Basel III“-Anforderungen, argumentiert Johnson. Der Financial Stability Oversight Council hat genügend Macht, solche Stresstest anzuordnen und zu organisieren. Der Zwangsvollstreckungs-Morast stellt eindeutig ein systemisches Risiko dar, hebt Johnson hervor. Die Stresstests von 2009 haben die Möglichkeit von grossen Verlusten, die aus einem Rechtsstreit um Mortgage-Backed Securities (MBS: Hypothekenbesicherte Wertschriften) hervorgehen, nicht geprüft.


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