Sonntag, 24. April 2011

Warum nach der Finanzkrise keine Führungskräfte angeklagt wurden

Gretchen Morgenson und Louise Story befassen sich in einem lesenswerten Beitrag („In Financial Crisis, No Prosecutions of Top Figures“) in NYT mit der Frage, die immer wieder quer durch Amerika gestellt wird, warum in der Zeit nach dem finanziellen Schlamassel, wo Hunderte von Milliarden an Verlusten erzeugt wurden, keine hochkarätige Teilnehmer in der Katastrophe strafrechtlich verfolgt worden sind. Die Beantwortung einer solchen Frage, was gleichwertig mit der Vermittlung ist, warum ein Hund gebellt hat, ist alles andere als einfach, bemerken die Journalisten. Ein privates Treffen Mitte Okober 2008 zwischen Tim Geithner, dem damaligen Präsidenten der Fed New York und Andrew Cuomo, dem damaligen Generalstaatsanwalt New Yorks veranschaulicht die Komplexität der Verfolgung der Rechtsfälle in einer Zeit der Panik, heben Morgenson und Story hervor.

Ob Staatsanwälte und Aufsichtsbehörden aggressiv genug in der Verfolgung von Fehlverhalten waren, wird wahrscheinlich lange ein Gegenstand der Debatte bleiben. Alle sagen, dass sie das Beste getan haben, was sie unter schwierigen Bedingungen tun konnten, beschreiben Morgenson und Story. Aber etliche Jahre nach der Finanzkrise, welche zum grossen Teil durch leichtsinnige Kreditvergabe und übermässige Risikobereitschaft von grossen Finanzinstituten verursacht wurde, sind keine Führungskräfte angeklagt oder inhaftiert worden, und eine kollektive Anstrengung der Regierung dazu gab es auch nicht.

Dies steht in krassem Gegensatz zum dem Scheitern der vielen Spar- und Darlehenskassen (savings & loans) in den späten 1980er Jahren. Im Zuge des Debakels haben besondere Regierung Task Forces 1'100 Fälle an die Staatsanwaltschaft geleitet, woraus mehr als 800 Banker ins Gefängnis gehen mussten.

Ehemalige Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Bankiers und Hypotheken-Mitarbeiter sagen, dass die Ermittler und Regulierungsbehörden die Lehren aus der Vergangenheit mit dem Finanzbetrug einfach ignoriert haben.

Als die Krise im Frühjahr 2008 begann, sich zu vertiefen, ist das Federal Bureau of Investigation einen Plan zurückgenommen, um mehr Feld-Agenten zur Untersuchung von Hypotheken-Betrügerein zuzuweisen. In diesem Sommer hat das Justisministerium auch die Aufforderungen, eine Task Force einzurichten, um Untersuchungen in der Angelegenheit Hypotheken zu erstellen, zurückgewiesen, indem es die komplexen Fälle unterbesetzt und schlecht finanziert beliess und erst viel später eine allgemeine Financial Crimes Task Force einrichtete.

Im Vorfeld der Finanzkrise haben viele Beamte in Interviews gesagt, dass die Regulatoren mit ihrer entscheidenden Aufgabe versagt hätten, um Informationen zu sammeln, welche beim Aufbau von Strafsachen traditionell helfen. Im Endeffekt hat die gleiche Dynamik zur Befähigung der Krise (schwache Regulierung) beigetragen, wodurch schwierige Betrügereien schwer zu verfolgen geworden sind, betonen Morgenson und Story.

Eine aggressive Haltung hätte weit mehr Strafverfolgungen anspornen können, sagen die Beamten, die in die Bereinigung von „Savings and Loans“-Debakels involviert waren.

Dies ist nicht etwa böse Verschwörung von zwei Jungs, die in einem Zimmer sitzen und sagen, „lass uns crony capitalism (Günstlingskapitalismus) schaffen und mit Strafflosigkeit stehlen“, bemerkt William K. Black, Rechtsprofessor an der University of Missouri, Kansas City. Black war während der „savings and loan“-Krise Prozessleiter der Bundesregierung. „Aber ihre Politik hat eine aussergewöhnliche kriminogene Umgebung hervorgebracht. Es gab keine strafrechtlichen Verweise von den Regulierungsbehörden. Keine Arbeitsgruppen in Sachen Betrug. Keine nationale Task Force. Es gab keine wirksame Bestrafung der Eliten hier“, fügt Black (fiat justitia ruat caelum) hinzu.

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