Mittwoch, 11. Mai 2011

Griechenlands Umschuldung: Plan A, Plan B und Plan C

Die Finanzmärkte sind zunehmend überzeugt, dass eine griechische Umschuldung kommt. Und die europäische Politiker befürchten das Schimmste: „Eine Umschuldung eines Mitgliedstaates der Eurozone könnte die Folgen der Lehman-Pleite in den Schatten stellen“. Es gibt aber ein Best-case Scenario, schreibt Barry Eichengreen in einem interessanten Kommentar („The Full Brady“) in Project Syndicate.

Plan A: Der einfachste Weg, eine Umschuldung zu erreichen, ohne das Bankensystem zu gefährden, ist, die Banken, die im Mittelmeerland exponiert sind, aufzufordern, mehr Kapital zu beschaffen. Die zweite Runde der Stress-Tests durch die europäische Bankenaufsichtsbehörde ist angeblich mit diesem Zweck konzipiert worden. Indem aufgezeigt wird, wer schwach und wer stark ist, würden angemessene Stresstest das Gegenpartei-Ausfallrisiko (counterparty risk) eingrenzen, erklärt Eichengreen. Kreditgeber hätten zudem gute Informationen darüber, mit wem sie Geschäfte machen und mit wem nicht.

Aber Europas Erfolgsbilanz ist nicht vertrauenserweckend, sodass die nächste Runde der Stress-Test viel strenger sein müsste als die letzte. Kapitalbeschaffung ist teuer. Dies ermutigt die Anspruchsbeteiligte, Probleme zu leugnen, anstatt anzuerkennen, schildert Eichengreen.

Plan B: Eine Verlängerung der Laufzeit der griechischen Anleihen. Die griechische Regierung könnte einfach mitteilen, dass es zu einem Austausch von Anleihen gegen neue Anleihen kommt, beispielsweise mit 30 Jahren Laufzeit. Es gäbe keine Kapital-Abschreibung oder Sicherheitsabschlag (haircut) für die Gläubiger; nur mehr Zeit für die Rückzahlung. Die Banken müssten keine Verluste in Kauf nehmen.

Das würde aber Griechenland mit einer unglaublich schweren Schuldenlast zurücklassen. Eine Reduzierung der Belastung von 40%, sei es in Form von Zinsen oder Kapitalreduktion, ist notwendig, um die Schuldenquote (debt-to-GDP ratio) unter 100% zu drücken, ein Niveau, wo das Land einige Hoffnung hätte, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Plan C: Glücklicherweise gibt einen anderen Weg: Brady-Plan, erklärt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Geschäftsbanken, zusammen mit den USA, dem IWF  und dem Pariser Club haben damals umstrukturiert und einen Sicherheitsabschlag (haircut) auf die Schuldtitel der lateinamerikanischen und osteuropäischen Länder Ende der 1980er Jahren verkraftet.

Wie könnte ein ähnlicher Plan heute umgesetzt werden?

(1) Die neuen Bonds könnten so strukturiert werden, dass die Sicherheitsabschläge, die von Banken erlitten werden, als steuerliche Verluste zählen, und damit die Profite der Banken nicht beeinträchtigen. Das würde darauf hinauslaufen, dass die „staatlichen fiskalischen Ressourcen“ eine griechische Umschuldung erleichtern. Wenn aber das Geld der Steuerzahler in Gefahr ist, wie es heute der Fall ist, warum soll man davon nicht kreativ Gebrauch machen?, argumentiert Eichengreen.

(2) Die EZB könnte eine spezielle Behandlung („secured financing“) für die neuen Schuldtitel anbieten, um sie für Investoren attraktiv zu machen.

(3) Regulierung könnte verwendet werden, um Griechenlands Notwendigkeit für die Umschuldung mit dem Wunsch der Banken, abzuwarten, bis ihre Bilanzen gestärkt werden, in Einklang zu bringen. Unter dem Brady-Plan gab eine eine Rechnungslegungsregel, genannt FASB 15, die zugelassen hat, dass die restrukturierten Kredite weiterhin mit ihrem ursprünglichen Nominalwert gebucht werden konnten, solange die Summe der Zins- und Tilgungszahlungen des umstrukturierten Instruments zumindest der des ursprünglichen Kredits entsprach. Neuen Anleihen könnte derselbe buchhalterische Wert zugeordnet werden, wie der der alten Anleihen, auf die früher Zinsen bezahlt wurden, legt Eichegreen dar.

(4) Die neuen Instrumente könnten so gestaltet werden, dass sie sowohl Banken als auch offiziellen Kreditgebern eine Beteiligung am Erfolg des Landes gewähren. Unter dem Brady-Plan waren die Zahlungen eines Landes auf Exportpreise oder Terms of Trade indiziert. Für Griechenland würden die Zahlungen auf BIP-Wachstumsrate basieren, wobei eine automatische Anpassung der Schuldenlast auf die Zahlungsfähigkeit des Landes erfolgen würde, beschreibt Eichengreen.

Die Bonds dieser Art haben im Fall von Argentiniens Umstrukturierung funktioniert. Die europäischen Politiker sollen mit dem Gegrübel aufhören und eine Umschuldung Griechenlands Anleihen nach dem Brady-Plan entwerfen, legt Eichengreen nahe.

Bemerkenswert ist, dass der Kopf des Pariser Clubs zum Zeitpunkt des Brady-Plans kein anderer als Jean-Claude Trichet war, der derzeitige Präsident der EZB.


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