Mittwoch, 4. Mai 2011

Inflation und Lohnstarrheit

(Wonkish)

Paul Krugman deutet in seinem Blog auf einen Artikel („Beware of runaway headline inflation“) von Heleen Mees hin, der eine Menge Aufmerksamkeit von Inflationistas auf sich ziehen dürfte. Mees liefert die folgende Abbildung und will damit dem Leser weismachen, dass die Stundenlöhne in den USA viel mehr der allgemeinen Inflation nachfolgen als der Kerninflation.

Was zeigt aber die Abbildung? Die Abbildung zeigt erstens eine träge Serie (Kerninflation und Löhne) und zweitens eine sehr volatile Serie (allgemeine Inflation). Drittens: weder der Anstieg der Inflation von 2008 noch die Deflation von 2009 wird in den Löhnen reflektiert. Die Frage ist daher, wo der Nachlauf ist?


Allgemeine Inflation, Kerninflation und Löhne, Graph: Heleen Mees via Paul Krugman

Mees scheint die Meinung zu vertreten, dass die Löhne über den gesamten Zeitraum mehr als die Kerninflation gestiegen sind. Das muss aber passieren, erklärt Krugman. Wir erwarten ja, dass die Löhne im Lauf der Zeit steigen, weil die Produktivitätssteigerungen an die Arbeitnehmer weitergegeben werden. (Es gab zwar viel Abweichung von Weitergabe. Aber das ist ein anderes Thema, ergänzt Krugman.)

Mees behauptet aber, dass die Stundenlöhne im Durchschnitt mehr als die allgemeine Inflation (headline inflation) gestiegen sind, v.a. wegen der nach unten starren Löhnen (wage rigidity: Lohnstarrheit).

Man wundert sich daher, ob sie es wirklich so meint, dass die Reallöhne jeder Zeit wegen der Lohnstarrheit steigen?

Krugman gibt sich auch durch die Mees Behauptung, dass Bernanke den Preisanstieg 2007-2008 zu Unrecht als vorübergehend angesehen habe, weil die Rohstoffpreise wieder ansteigen, verblüfft. „Es gibt hier scheinbar eine Verwechslung zwischen dem Niveau und der Geschwindigkeit der Änderung. Bernanke hat nicht gesagt, dass er wusste, dass die Ölpreise fallen würden. Er sagte, dass er nicht erwarte, dass die Ölpreise mit derselben Geschwindigkeit steigen würden“, legt Krugman dar.

Die zweite Abbildung zeigt etwas Interessantes, nämlich eine Korrelation zwischen den Lohnstückkosten und der allgemeinen Inflation, obwohl diese Korrelation v.a. die Tatsache widerspiegelt, dass sowohl die allgemeine Inflation als auch die Lohnstückkosten während der Krise 2008-2009 abgestürzt sind.

„Aber die Lohnstückkosten sind nicht ein Preis, sie sind ein Preis (Löhne) dividiert durch die Produktivität. Was wir hier sehen, ist etwas, was wir bereits kennen, dass die Produktivität angesichts der Krise gestiegen ist, vermutlich, weil Arbeitgeber sich in der Lage fanden, mehr für weniger zu fordern. Das ist interessant und wichtig, aber es ist schwer zu sehen, was es mit Inflation zu tun hat“, hält der an der Princeton University lehrende Wirtschaftprofessor fest.

Die Quintessenz ist, dass die hier vorgelegten Nachweise die Behauptung überhaupt nicht rechtfertigen, dass die allgemeine Inflation im Fokus stehen muss. In der Tat ist es möglich, darauf hinzuweisen, dass derselbe Nachweis ein Grund ist, warum die Geldpolitik sich nach träge entwickelnden Messgrössen wie Löhne und Kerninflation orientieren soll und nicht nach der volatilen allgemeinen Inflation, unterstreicht Krugman zu Recht.


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