Dienstag, 24. Mai 2011

Schulden-Todesspirale versus Schulden-Arithmetik

(Wonkish)

Was in der aktuellen Debatte über die Defizite auffällt, ist der Ton für eine Dringlichkeit: Defizite müssen sofort reduziert werden, und zwar jetzt sofort oder die Krise braut sich zusammen, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Woher kommt es aber? Bestimmt nicht von der Arithmetik.

Die Geschichte wird so erzählt, bescheibt Krugman: Defizite bedeuten höhere Schulden, was höhere Zinsszahlungen bedeutet, was wieder zu einer Spirale in den Konkurs führen kann. Und das ist qualitativ nicht falsch. Wenn man aber konkrete Zahlen von Ländern, die keinen riesigen Risikoprämien gegenübersehen, zugrunde legt, erweist sich die Spirale als sehr, sehr langsam, legt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) dar.

Der jüngsten Prognose von IWF Fiscal Monitor nach beträgt das Haushaltsdefizit für die USA im nächsten Jahr 7,5% des BIP. Die Staatsverschuldung dürfte sich demnach auf 75% des BIP belaufen.

Wie schnell würde sich die Schuldenspirale drehen?

Es gilt aber vorerst zu beachten, dass das Wirtschaftswachstum und die Inflation den Anstieg der Schuldenquote einschränken. Angenommen, das nominale BIP-Wachstum beträgt 4%, was im historischen Vergleich tatsächlich gering ist. Das würde den Anstieg der Schuldenquote um 3% abrasieren. Also ein Jahr später würde der Anstieg der Staatsverschuldung 4,5% des BIP betragen.

Wie sieht es mit der Zinsbelastung aus?

Die Zinslast wird um die Inflation korrigiert. Wir nehmen die Rendite der inflationsgeschützten Staatsanleihen (TIPS), die zur Zeit unter 1% verläuft. Im pessimistischen Fall nehmen wir stattdesses 2% an. Trotzdem beträgt die Zinsbelastung weniger als ein Zehntel eines Prozentes von BIP, erklärt Krugman.

Auch mit einem erheblichen Defizit ist das Tempo der langfristigen Verschlechterung des Haushalts sehr langsam. Wenn es sich bei den Schulden um eine Todesspirale handelt, dann ist sie eine sehr langsame Todesspirale.

Aber die Kriter sagen, dass die Psychologie sich plötzlich ändern kann, indem sie für einen scharfen Anstieg der Zinskosten sorgt. Die Frage ist aber, warum sich die Psychologie ändern soll? Investoren können selbst rechnen, wie in diesem Beispiel von Krugman, dass es keinen Anlass für eine Panik gibt, dass die Zinsen plötzlich steigen würden.

Investoren könnten wegen Anzeichen einer politischen Festgefahrenheit in Panik geraten. Das könnte aber unabhängig vom aktuellen Defizit des Jahres geschehen.

Dennoch sagen ernsthafte Leute (Very Serious People), dass sich Investoren gegen die USA richten könnten, es sei denn, die USA reduzieren das Defizit sofort.

Die Diskussion über die Defizite befindet sich heute in einem seltsamen Stadium, wo die Menschen, die sich tatsächlich auf die ökonomischen Lehrbücher und einfache Arithmetik stützen, als gefährlich und unverantwortlich betrachtet werden, während die Leute, die unsichtbare Bond Vigilantes und Vertrauen Fee heraufbeschwören, und behaupten, dass sie wüssten, was die Märkte wollen, obwohl es keine Anzeichen dafür gibt, als sehr ernsthaft (VSP) angesehen werden.

Auf jeden Fall ist die Arithmetik der Verschuldung wesentlich weniger beängstigend, als man vielleicht denkt, fasst Krugman als Fazit zusammen.


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