Dienstag, 30. August 2011

Ansteckungsgefahr im europäischen Geldmarkt


„Es gibt also kein QE3. Das ist keine Überraschung, da die Erwartungen im Vorfeld der Rede Ben Bernankes heruntergespielt worden sind“, schreibt Perry Mehrling in seinem Blog.

„Was Bernanke nicht gesagt hat, vielleicht nicht sagen konnte, ist die grosse Sorge, mit der die Zentralbanker heute in Europa konfrontiert sind und die Ansteckung daraus, was auch immer dort geschehen kann“, beschreibt der an der Barnard College, Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Im Mittelpunkt steht die Abhängigkeit der Banken in der Eurozone von den Geldmärkten für die kurzfristige Finanzierung und der jüngste Abzug der US-Money Funds aus diesen Märkten. Anders als im Jahre 2008 ist das Problem nicht eine Dollar-Knappheit, nicht jetzt und auch nicht in naher Zukunft, da die Fed Swap-Fazilitäten für die Liquidität wiedereröffnet hat.

Das Problem ist die Finanzierung und es ergibt sich aus Befürchtungen, dass die Banken in der Eurozone wohl insolvent sind. In solch einem Umfeld ziehen sich private Finanzierungsquellen von unbesicherten und längerfristigen Finanzierungen zurück und beginnen mehr Aufmerksamkeit für die Sicherheiten (collateral) von besicherten Krediten zu schenken, erklärt Mehrling.

Das ist eine Möglichkeit, um das sterilisierende Anleihekauf-Programm der EZB zu betrachten. Die EZB nimmt die schlechten Sicherheiten aus dem Markt und ersetzt sie durch gute Sicherheiten. „Bislang hat es funktioniert. Aber wie lange noch?“, möchte Mehrling wissen.

Im Moment agiert die EZB wie die Fed vor der Lehman-Pleite, indem sie Staatspapiere verkauft und den Erlös daraus als Kredit weiter verleiht. Wenn es aber nicht ausreicht, ist die EZB bereit, so wie die Fed nach der Lehman-Pleite, ihre Bilanzsumme mehr oder weniger über Nacht zu verdoppeln?

In diesem Zusammenhang erinnert Mehrling an die Bemühungen der Fed nach der Lehman-Pleite um eine Koordinierung mit dem US-Finanzministerium (treasury). Wenn Geldfonds US-Staatsanleihen forderten, hat das Finanzministerium mehr Staatsanleihen ausgegeben und den Erlös bei der Fed deponiert. Die Fed hat das Geld wiederum verwendet, um die Finanzierungbedürfnisse der Banken am Geldmarkt zu decken. „Es gibt aber kein europäisches Finanzministerium und niemand weiss genau, wie der EFSF funktionieren wird. Die EZB hat nicht die Freiheitsgrade, die die Fed nach der Lehman-Pleite genossen hat“, legt Mehrling dar.

Das ist eine Sorge.

„Wenn die EZB das Problem nicht kontrollieren kann, wird es auf die weltweite Finanzierungsmärkte übergreifen, einschliesslich der Dollar Finanzierung und es dürfte auch für die Fed ein Problem werden, genauso wie letztes Mal. Das ist ein Szenario, welches die Fed, trotzt ihrer verständlichen Stille, wahrscheinlich versuchen wird zu vermeiden“, hält Mehrling fest.

Keine Kommentare: