Donnerstag, 24. November 2011

Die deutsche Anleiheauktion vom Mittwoch

Die Finanzagentur des Bundes hat gestern neue Papiere mit 10 Jahren Laufzeit im Wert von 6 Mrd. Euro versteigern wollen. Die Anleger haben 3,9 Mrd. Euro geboten. Das heisst, dass die Nachfrage 35% kurz ausgefallen ist.

Was ist nun daraus zu schliessen? Kann Deutschland sich am Kapitalmarkt nicht ausreichend Geld beschaffen? Verlieren Investoren den Appetit auf deutsche Bundesanleihen? Wie besorgniserregend ist die geringe Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen? Niemand weiss es genau. Aber die Mehrzahl der Marktbeobachter haben den Hang, sofort den Teufel an die Wand zu malen.


Es gilt daher, in Erinnerung zu rufen, dass es auch in der Vergangenheit Auktionen gegeben hat, die nicht vollständig gezeichnet waren.

Ferner sind folgende Aspekte erwähnenswert:

Mit 1,98% war die Rendite der deutschen Bundesanleihen mit 10 Jahren Laufzeit so niedrig wie nie zuvor. Vielleicht mit der Ausnahme der Erstemission.

Die Bestände der Banken, die ja in erster Linie an der Versteigerung teilnehmen und die Anleihen an andere Anleger weiterverkaufen, sind offenbar „voll“, zumal einige Banken seit geraumer Zeit gezwungen sind, ihre Bilanzsumme zu reduzieren.

Der Bund, der bei der Auktion 3,6 Mrd. Euro eingenommen hat, kann den Rest am Sekundärmarkt absetzen.


EONIA (3 Monat) versus General Collateral, Graph: FT Alphaville

Vielleicht nehmen Investoren an, dass Deutschland schliesslich erkennt, dass das Spiel aus ist und dazu übergehen wird, zuzustimmen, dass die EZB unbegrenzt Staatsanleihen kaufen kann und mit aller Konsequenz als lender of last resort in der Eurozone agiert. Es ist daher möglich, dass einige Investoren vor diesem Hintergrund Gewinne mitnehmen.

Die EZB weigert sich wider besseres Wissen, den geldpolitischen Kurs zu lockern. Die kontraktive Geldpolitik deutet auf einen Rückgang der erwarteten künftigen Wirtschaftsleistung hin. Die straffe Geldpolitik hat die Risikoaufschläge in der Eurozone offenbar über Gebühr expandiert.

FT Alphaville trägt die Idee vor, dass die Bundesbank den Markt für Bundesanleihen absichtlich verknappe (cornering).

Inzwischen heisst es aber, dass die Bundesbank die Spekulation aus London (gemeint ist der Artikel von FT Alphaville) zurückweise. Izabella Kaminska argumentiert aber nicht, dass die Bundesbank den Markt in dieser Versteigerung bewusst in die Enge treibt, sondern es versäumt hat, zu handeln, um die gesamte „Besonderheit“ (specialness) der deutschen Staatspapiere als Sicherheit (collateral) zu entspannen.

Die Händler sprechen seit langer Zeit von einer Anomalie auf dem Anleihemarkt. Repo-Experte glauben, dass die German Bunds derzeit zu „speziellen“ Sätzen gehandelt werden. Es gibt so was wie „General Collateral“ nicht, weil nicht genügend Wertpapiere zur Verfügung stehen, die auf der ganzen Linie verliehen werden können. Wer auch immer deutsche Staatsanleihen im Besitz hat, will sie widerstrebend weiter verleihen, was dazu führt, dass der Repo-Satz gedämpft bleibt. Es gibt aber ein Problem: Die Besonderheit-Erklärung wird von den Teilnehmern an den Auktionen nicht mit berechnet.

Dass neben der Tatsache, dass die Bundesbank einen immer grösseren Teil von Anleihen aus den Auktionen heraushält, mutet logisch an. Es ist laut Kaminska die Bundesbank, die die Anleihen bewusst in die Enge treibt (cornering), um sicherzustellen, dass der Repo-Satz in Europa unter Kontrolle bleibt.

Dass der Repo-Satz nicht ansteigt, ist gut, weil fast alle Interbank-Finanzierung auf einer besicherten Basis gegen die beste Qualität als Sicherheit (collateral) erfolgt.

Fazit: Die Auktion vom Mittwoch ist nicht zu überbewerten. Das Glas ist halbvoll.

Für hartgesottene Leser:

Hier ist die Übersicht über den Stand der Schuld der Bundesrepublik Deutschland.

Hier ist die Emissionsplanung des Bundes.

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