Donnerstag, 17. November 2011

In der Eurozone drohen Stagnation und Deflation

„Die Konjunktur muss unbedingt wieder mit Fiskalpolitik in Gang gebracht werden. Selber kann sich das Wirtschaftswachstum nicht retten, obwohl das alle glauben“, sagt Heiner Flassbeck in einem lesenswerten Interview mit TagesWoche (hat tip to NachDenkSeiten). Entscheidend ist aber, dass die realen Löhne wieder strikt der Produktivität folgen.

Der Chefökonom der UNO Organisation für Welthandel und Entwicklung erklärt in diesem Zusammenhang auch den Unterschied zwischen der einzelwirtschaftlichen (was das einzelne Unternehmen mit seinem Handeln beabsichtigt) und gesamtwirtschaftlichen (was sich daraus für die Gesamtheit ergibt) Logik.

„Die Unternehmer denken einzelwirtschaftlich. Das ist in Ordnung. Aber das ist auch der Grund, warum es den Staat braucht, der für die Gesamtwirtschaft sorgt, etwa über Eingriffe am Devisenmarkt. Das einzelwirtschaftliche Denken ist für die Gesamtheit falsch. Darum muss man die Unternehmer in ihren Vorstellungen auch immer wieder korrigieren“, legt Flassbeck dar. (PS: Was im Übrigen mehr oder weniger den Unterschied zwischen der BWL und der VWL darstellt.)

Die Politiker hören aber nicht auf die Ökonomen wie Paul Krugman und Heiner Flassbeck, die erklären können, woran es mit dem gegenwärtigen Wirtschaftssystem hapert.

Der Wettbewerb unter Nationen hat mit dem sinnvollen Wettbewerb unter den Unternehmen nichts zu tun. „Ein Standort, der einen anderen bekämpft, schadet dummerweise nicht nur einem Konkurrenten, sondern gleichzeitig einem Kunden. Das würde ein intelligenter Unternehmer niemals tun“.

Für einen nötigen Ausgleich braucht es ganz einfache Regeln. Wie in der WTO, wo es die schöne Regel gibt, dass ein Land ein übermässiges Leistungsbilanzdefizit nicht hinnehmen muss, unterstreicht Flassbeck. Die Regel hätte man auch in der EWU anwenden sollen. Der Kern der Krise wäre beseitigt gewesen. So hat Deutschland gewaltige Überschüsse und andere gewaltige Defizite. Das kann laut Flassbeck nicht funktionieren.

Ein Rattenrennen der Nationen ist sinnlos. Ohne Ausgleich geht es nur im Wettbewerb unter Firmen. „Da kann der Stärkere den Schwächeren schlucken, was in vielen Fällen gut ist, weil der Stärkere i.d.R. die besseren Ideen hat. Wenn aber Deutschland Frankreich vom Markt verdrängt, dann sind alle 60 Mio. Franzosen noch immer da. Und womit sollen sie sich nun die deutschen Güter kaufen, ohne Einkommen?“

Mit der Griechenlandhetze wurde in den deutschen Zeitungen viel Porzellan zerschlagen, bemerkt Flassbeck. Haben die Griechen alles kaputt gemacht? Das ist schlicht falsch, fügt der Autor des hervorragenden Buches „Die Marktwirtschaft des 21.Jahrhunderts“. Griechenland hat zwar gegen die Regel in Bezug auf Schuldenstandars verstossen.  Aber „Deutschland hat mehr gegen die Regel verstossen als Griechenland“, argumentiert Flassbeck. Warum? Die Inflationsrate soll in der Eurozone 2% betragen. Deutschland macht weniger als 1% Inflation. Wer ist schuld?

„Das Wachstum der ersten 10 Jahre der EWU war geringer als in allen anderen Ländern. Deutschland hat bloss seine aussenwirtschaftliche Position auf Kosten der anderen gestärkt“.

„Solange Deutschland sich weigert, über das eigentliche Problem (das aussenwirtschaftliche Ungleichgewicht) zu reden, solange hat der Euro keine Chance, und wird uns um die Ohren fliegen“, fasst Flassbeck zusammen.

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