Mittwoch, 7. Dezember 2011

Verantwortungsvolle Finanzpolitik

Der Ausdruck verantwortungsvolle Finanzpolitik (fiscal responsibility) wird im Sog der Krise auf beiden Seiten des Atlantiks so oft benutzt, dass es sich allmählich wie ein Code-Wort für die Kürzung der Staatsausgaben anhört.

Das Problem sind heute nicht die Staatsschulden, sondern die Steuereinnahmen, die in Folge der schweren Finanzkrise, die ja vom Privatsektor ausgelöst wurde, eingebrochen sind. Es ist klar, dass der Wohlstand eines jeden Landes haushaltspolitischer Verantwortung bedarf.

„Echte finanzpolitische Verantwortung beinhaltet die Bereitschaft, über einen längeren Zeitraum ausreichende Steuereinnahmen zu erhöhen, um die Programme, die der Staat umsetzt, zu finanzieren“, schreiben Menzie Chinn und Jeffry Frieden in ihrem neuen Buch („Lost Decades“).

„Fiskalpolitische Verantwortung sollte nicht mit einem kleinen Staat (small government) gleichgesetzt werden, sondern mit einem Kompliment an den Staat, die erbrachten Leistungen zu zahlen“, so die Autoren.



„Wenn eine Nation bestätigt, dass die Stärkung der nationalen Verteidigung und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung für die Armen legitime Ziele sind, dann bringt die fiskalpolitische Verantwortung Erhöhung der Einnahmen für diese Programme mit sich, anstatt Kredite dafür aufzunehmen“, heben die beiden Wirtschaftsprofessoren hervor.


USA: Haushaltsdefizit und Leistungsbilanzdefizit, Graph: Prof. Menzie Chinn

Nicht jede Kreditaufnahme ist unerwünscht und jedes Haushaltsdefizit ist per se schlecht. Manchmal muss der Staat eingreifen, einem konjunkturellen Abschwung entgegenzusetzen, und in diesen vereinzelten Fällen sollen die Ausgaben die Einnahmen übersteigen, betonen Chinn (University of Wisconsin, Madison) und Frieden (Harvard University)

Die Staatsquote, d.h. das Verhältnis der Staatsausgaben zum BIP ist von 34% zu Beginn der Bush-Regierung auf 48% zu Beginn der Obama-Regierung gestiegen. Ende 2009 betrug die Verschuldung 54% der amerikanischen Wirtschaftsleistung.

Die tiefste Rezession seit der Grossen Depression (Great Depression) hat eine aggressive Antwort seitens des Staates gefordert. Ansonsten hätte sich die gesamte Wirtschaft in einer Abwärtsspirale verfangen.

Rezessionen treffen am härtesten die Armen und Arbeiterfamilien, die von einer stimulierenden Fiskalpolitik am meisten profitieren würden. Aber die Versuche, solche Massnahmen zu treffen, stossen auf Widerstand von Bürgern mit höherem Einkommen, die weniger wegen der Rezession besorgt sind, als wegen der Auswirkungen auf ihre künftigen Steuerzahlungen.

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