Sonntag, 18. Dezember 2011

Wie Ungleichgewichte im Aussenhandel Eurozone explodieren

In den letzten Tagen kommt in den Nachrichten häufig die Behauptung vor, dass die „strukturellen Probleme“ im Süden Europas die „chronischen“ Handelsdefizits verursacht haben.

Genau wie die Auffassung, dass die heute notleidenden EU-Länder fiskalpolitisch unverantwortlich (fiscally irresponsible) gewesen seien. „Das ist eine Lüge der Moralität, welche von den Reportern vorgegeben wird, wie wenn sie wahr wäre, ohne die Daten zu prüfen“, hält Paul Krugman in seinem Blog zu Recht fest.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor liefert dazu die folgenden Abbildung, die die kombinierte Leistungsbilanz (wobei Handelsbilanz breit definiert ist, einschliesslich von Faktoreinkommen) der GIPS (Griechenland, Irland, Portugal und Spanien) seit 1990:


GIPS: Die kombinierte Leistungsbilanz, Graph: Prof. Paul Krugman

Diese „chronischen“ grossen Defizie sind eigenlich eine relativ neue Entwicklung. Die Defizite sind erst nach der falschen Wahrnehmung durch den Euro via gewaltige Kapitalströme von Deutschland in die Peripherie entstanden, erklärt Krugman. Es handelt sich dabei nicht um ein „strukturelles“, sondern um ein makroökonomisches Problem.

Angela Merkel als Regierungschefin des Exportmeisters Deutschland weigert sich aber, die Ursachen der Krise einzusehen. Stattdessen diktiert die Kanzlerin den EU-Ländern mit Leistungsbilanzdefizit rigorose Sparmassnahmen. Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen. Indem Merkel darauf beharrt, dass ihre wichtigsten Handelspartner ihre Ausgaben kürzen, schneidet sich Deutschland von den wichtigsten Quellen seines eigenen Wachstums ab, wie Robert Skidelsky in einem lesenswerten Kommentar („The Euro in a Shrinking Zone“) in Project Syndicate schreibt.

Der Kern des Problems in der Eurozone sind nicht die Staatsschulden, sondern Ungleichgewichte im Aussenhandel. „Die Euro-Krise zeigt auf dramatische Weise, welchen Schaden permanente Exportüberschüsse anrichten. Der grösste Verlierer ist Deutschland“, bemerkt Handelsblatt aus Düsseldorf in einem sensationellen Artikel („Deutschland bringt Europa aus dem Gleichgewicht“).

Hoffentlich dämmert es noch vor dem Abgrund ein Licht auf, bemerkt Albrecht Müllers NachDenkSeiten dazu, wo man solche wirtschaftspolitische Positionen schon seit Ewigkeiten lesen kann, u.a. mit zahlreichen lesenswerten Beiträgen von Heiner Flassbeck.

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