Samstag, 21. April 2012

Fed auf der Null-Untergrenze


(Nur für Streber)

Portugal und Spanien befinden sich in einer Bilanzrezession. Auch die US-Wirtschaft steckt in einer Bilanzrezession (balance sheet recession). Das heisst, dass private Haushalte und Unternehmen ihre Schulden abbauen (deleveraging), wenn auch die Zinsen praktisch auf Null Prozent liegen.

In dieser Situation gelten viele normale ökonomische Sachverhalte nicht mehr, wie Richard Koo, der den Begriff „Bilanzrezession“ geprägt hat, in einem aktuellen Interview („Amerika und Europa nähern sich Japan an“) hervorhebt. Die Unternehmen maximieren in einer Bilanzrezession nicht länger ihre Gewinne. Stattdessen minimieren sie notgedrungen ihre zu hohe Verschuldung, weil sie ansonsten ihre Kreditwürdigkeit verlieren, erklärt der Chefökonom von Nomura Research Institute in Tokio.

Ryan Avent und Matt Yglesias debattieren derzeit darüber, ob es wirklich auf die Null Untergrenze (siehe Liquiditätsfalle) ankommt, was die Geldpolitik betrifft, was ja damit zu tun hat, ob die Fed versagt, ihre Arbeit zu machen.

Paul Krugman ergreift in seinem Blog gern das Wort und unterstreicht zwei Aspekte, dass es eine Situation ist, in der die Fed die Zinsen deutlich senken würde, wenn sie könnte. Basierend auf historischen Beziehungen zwischen Arbeitslosigkeit, Inflation und Leitzinsen „sollte“ die Fed die Zinsen auf etwa Minus 4% senken. Aber die Fed kann es nicht. Was sie tun könnte, ist, die realen Zinssätzen zu senken, und zwar durch die Erhöhung der erwarteten Inflationsrate.

Avent hat Recht, zu betonen, dass eine Anhebung des Inflationsziels (inflation targeting), in wirtschaftlicher Hinsicht, so sehr das Gleiche wäre wie eine Zinssenkung, unterstützt Krugman. Avent argumentiert weiter, dass die wirkliche Einschränkung in Sachen Geldpolitik politisch ist, nicht technisch und dass die Fed daher den Dienst verweigert.

Yglesias legt dar, dass der Unterschied zwischen der konventionellen und der unkonventionellen Geldpolitik folgenreich ist, sodass es gut etablierte Regeln und Vereinbarungen darüber gibt, wie die Fed die kurzfristigen Zinssätze festlegt, wobei so etwas wie eine Anpassung des Inflationsziels das Betreten von Neuland bedeute, auch wenn die strenge Wirtschaftslehre besage, dass es so ziemlich das Gleiche sei.

Die Inflationserwartungen zu ändern, dürfte, was die Auswirkungen betrifft, ähnlich sein wie gerade Zinssenkungen, aber es ist in Bezug auf die Umsetzung unterschiedlich, legt Krugman dar.

Die Fed kann die Zinssätze einfach senken, indem sie dem Open Market Trading Desk (siehe hier) anordnet, es zu tun. Die Fed kann die Inflationserwartungen nur dann ändern, wenn sie auf die Überzeugungen am Markt Einfluss nimmt, in dem Sinne, was sie später einmal unternehmen will, durch glaubwürdiges Versprechen natürlich, unverantwortlich zu wirken, was aber eine strittige Aufgabe bedeutet.

Fazit: Die Null Untergrenze ist entscheidend. Auf alle Fälle, betont der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor: „lass uns die Fed von links bedrängen und fordern, mehr zu unternehmen“. Aber Krugman hofft, dass es möglich sei, zugleich die Einsicht zu akzeptieren, dass die Fed mehr tun könnte und sollte und dass es auf der Null Untergrenze schwer ist. Und es würde helfen, wenn die Fed fiskalpolische Unterstützung hätte, fasst Krugman zusammen. 

PS: Steckt die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle, spielt es keine Rolle, wie viel Geld die Zentralbank drückt, es sei denn, die Zentralbank verspricht höhere Inflation. Siehe dazu mehr in einer älteren (1998) Forschungsarbeit („Japan’s Trap“) von Paul Krugman.

1 Kommentar:

weico hat gesagt…

In solch einer Situation (Debt-Deflation) bringtes absolut NICHTS,wenn eine ZB höhere Inflation "verspricht".

Oder wie sich Wirtschaftsminister Karl Schiller ausdrückte,wenn er über die Problematik der "Kreditnehmer-Kette" ( ZB-Banken-Kreditnehmer) sprach :

"Man kann die Pferde zwar zur Tränke führen. Man kann sie aber nicht zwingen, das Wasser zu saufen."

weico