Sonntag, 29. Juli 2012

Inflationistas und Fehlschläge


Was die anhaltende Finanzkrise u.a. deutlich gezeigt hat, ist, dass kein Mainstream-Volkswirt gern Fehler einräumt. Es mangelt ihnen aber auch an einem konstruktiven Umgang mit Fehlprognosen, falschen Voraussagen und absonderlichen Aussagen, wobei v.a. die letzteren zumeist ideologisch geprägt sind. Intellektuelle Redlichkeit ist offenbar ein knappes Gut.

Vor diesem Hintergrund ist Brad DeLong überhaupt nicht erfreut, zu lesen, wie Noah Smith versucht, John Cochrane weniger ratlos über die Welt erscheinen zu lassen, als dieser ohnehin ist.

Worum geht es? Hier ist eine Zusammenfassung. Bitte nachlesen. Cochrane hatte im Jahr 2009 Inflation vorhergesagt. Es ist nicht eingetroffen.

DeLong hat sich in seinem Blog mit Stil darüber mokiert. Zu Recht. Cochrane verteidigt sich nun in seinem Blog: „die Vorhersage der Inflation war (und ist) eine Aussage über die Risiken, keine zeitspezifische Prognose“.

Smith nimmt den an der University of Chicago, Booth School of Business lehrende Wirtschaftsprofessor in Schutz. „Was den Punkt 1 betrifft, ist es eine sehr faire, treffende Erwiderung. Vorhersagen sind nicht notwendigerweise Prognosen. Wenn Sie sagen, „wir sind wahrscheinlich in einer Blase, die früher oder später platzen wird“, ist etwas anderes als wenn Sie sagen, „die Blase wird am nächsten Donnerstag um 10 Uhr 36 platzen“.

Smith denkt also, dass die Menschen instiktiv zu viele Prognosen wollen und nicht genügend andere Arten von Vorhersagen aus makroökonomischen Modellen wünschen.





US Notenbankgeldmenge, Graph: FRED, Fed St. Louis

DeLong ist damit nicht einverstanden. Der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor denkt auch nicht, dass es sich dabei um eine „sehr faire, treffende Erwiderung“ handelt. Erstens hat DeLong nicht gesagt, wie einige Leser von Cochrane oder Smith glauben mögen, dass Cochrane im März 2009 getrost vorausgesagt hat, dass eine Explosion der Inflation unmittelbar bevorstand.

Wenn jemand sagt, „Sie lagen falsch damit, das Risiko X zu befürchten“, ist nicht eine schlagfertige Erwiderung, zu sagen, „ich habe niemals gesagt, dass X passieren würde. Ich habe nur gesagt, dass es ein Risiko war“.

Im Allgemeinen entwickelt man sich weiter, wie DeLong darlegt, wenn man sich dafür engagiert, was einem die Kritiker sagen, und nicht was die Kritiker nicht gesagt haben.

Zweitens schafft die Behauptung eines Ökonomen, „ich habe nicht gesagt, dass es passieren würde. Ich habe nur gesagt, dass es ein erhebliches Risiko war, dass es passieren könnte“, keine „unbesiegbare Festung der Richtigkeit“, von wo aus der Ökonom über alle seine Kritier verachtend lachen kann, schildert DeLong.

Wenn Sie sagen, dass etwas ein erhebliches Risiko darstellt und es nicht dazu kommt, dass es entsteht, dann sind Sie, wenn Sie ein Ökonom sind, verpflichtet, entweder (a) auf die Elemente in der Konfiguration der Preise von Vermögenswerten (assets) hinzuweisen, die zeigen, dass die Menschen abgesehen von Ihnen dachten, dass es ein erhebliches Risiko zu diesem Zeitpunkt war und deshalb wichtige Schritte unternahmen, um sich dagegen abzusichern oder (b) erklären, was das Marktversagen war, was die Menschen davon abhielt, Absicherungsmassnahmen gegen dieses Risiko zu treffen, in einer Art und Weise, damit wir die Absicherungen (hedges) in den Marktpreisen sehen.





US Break-even Inflationsrate (10 Jahre), Graph: FRED, Fed St. Louis

Auch Paul Krugman schaltet sich in seinem Blog in die Debatte über die schwache Ausreden der Inflationistas ein, die ja alles falsch gehabt haben. „Was sich nun abspielt, ist, ein Versuch, die Grenze zwischen zwei Arten der Vorhersage (unbedingt und bedingt) zu verwischen“, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.
Eine unbedingte Vorhersage sieht wie folgt aus:

„Ich weiss, dass die Inflation 2010 schlimmer wird. Ob sie ausser Kontrolle geraten wird oder ob es bis 2011 oder 2012 dauern wird, weiss ich nicht, aber was ich weiss, ist, dass wir bald eine grosse Währungskrise haben werden, was die Finanzkrise in den Schatten stellen wird, wobei die Konsumentenpreise durch die Decke schiessen werden, auch die Zinssätze und die Arbeitslosigkeit“.

Die Ökonomen, die falsch lagen, haben aber nicht die Art von Vorhersage gemacht. Was sie gesagt haben, war: „wenn wir einen massiven Anstieg der Notenbankgeldmenge haben und das Haushaltsdefizit weiter steigt, werden wir eine stark steigende Inflation und Zinsen erfahren“.

Es war also eine Aussage über die Auswirkungen ihres Modells, als eine Vorhersage, was in jedem Fall passieren würde, erläutert Krugman.

Die Konditionen, die sie vorhergesagt haben, sind eingetroffen. Die Notenbankgeldmenge hat sich mehr als verdreifacht. Das Defizit ist Billionen-Grenze erreicht. Nun müssten diese Ökonomen eine Erklärung in Bezug auf die anderen Faktoren für das Scheitern dieser Ergebnisse zu den vorhersagten Folgen abliefern. Cochrane tut es aber nicht.

Fazit: Es ist keine gute Ausrede, zu sagen, dass Sie keine spezielle Vorhersage über eine galoppierende Inflation gemacht haben, wenn Sie eine „WENN-DANN“ Story erzählen und wenn Ihr „WENN“ ohne Ihr „DANN“ eintrifft.

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