Sonntag, 2. September 2012

Warum verkauft die Türkei so viel Gold nach Iran?


Nach vorläufigen Daten, die das Turkish Statistical Institute am Freitag vorgelegt hat, sind die türkischen Ausfuhren im Juli 2012 um 8,5% auf 12‘866 Mio. $ gestiegen. Die Einfuhren sind um 1,5% auf 20‘755 Mio. $ zurückgegangen. Das Aussenhandelsdefizit hat sich damit von 9‘201 Mio. $ auf 7‘899 Mio. $ verringert.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat haben die Ausfuhren in die EU um 21,9% auf 4‘417 Mio. $ abgenommen. Der Anteil der EU-Länder am türkischen Aussenhandel ging damit im Juli 2012 auf 34,3% zurück (Juli 2011: 47,7%).

Das wichtigste Partnerland für Ausfuhren war im Juli Iran mit 2‘158 Mio. $. Das entspricht einem Anstieg um 573,8%! Danach folgen Deutschland mit 1‘037 Mio. $, Irak mit 912 Mio. $, Grossbritannien mit 638 Mio. $ und Russland mit 552 Mio. $.

Die Türkei hat im Juli Waren v.a. aus Russland (2‘416 Mio. $), Deutschland (1‘823 Mio. $), China (1‘802 Mio. $) und den USA (1‘275 Mio. $) importiert.

Was unter türkischen Exportgütern im Juli 2012 auffällt, ist der Posten „Edelsteine und Metalle“ mit dem höchsten Wert von 2‘082 Mio. $.

Der türkische Aussenhandel sortiert nach 20 Top-Ländern sieht Angaben des Turkish Statistic Institute zufolge derzeit wie folgt aus: 1) Iran, 2) Deutschland, 3) Irak, 4) Grossbritannien, 5) Russland, 6) USA, 7) Italien, 8) Frankreich, 9) Saudi Arabien, 10) Ägypten.

Die Exporte nach Iran sind zwischen Januar und Juli 2012 um sage und schreibe 295,8% geklettert: von 2‘033 Mio. $ auf 8‘046 Mio. $. Die Ausfuhren nach Iran sind von 320 Mio. $ im Juli 2011 auf 2‘157 Mio. $ im Juli 2012 um 573,8% gestiegen.


Türkei Aussenhandel im Januar-Juli 2012, Graph: Turkish Statistic Institute, Aug 31, 2012

Eine Frage, die in der Türkei in diesen Tagen immer öfters aufgeworfen wird, ist, warum das Handelsvolumen von Gold in den vergangenen Monaten so stark gestiegen ist? Einige Marktbeobachter argumentieren, dass die Türkei die Öl-Importe aus dem Iran mit Gold begleiche. Andere wiederum vertreten die These, dass der Iran angesichts der steigenden geopolitischen Spannungen in der Region Gold horte. Es gibt aber eine dritte Sicht, wonach das Arbitrage-Geschäft die ausschlaggebende Rolle spiele.

Es gibt im Iran offenbar Unternehmer, die wie die türkische Tageszeitung  Milliyet (hat tip to @EmreDeliveli) berichtet, die von der iranischen Regierung privilegiert behandelt werden. Das heisst, dass die Exporteure vom Staat die für den Aussenhandel nötigen Devisen zu einem günstigeren Kurs als auf dem Markt beziehen. 

Aufgrund des von den USA verhängten Handelsembargos wickele der Iran den Aussenhandel vorzugsweise mit dem Euro ab. Die betreffenden Unternehmer aus dem Iran kaufen mit dem Euro Gold in der Türkei ein und lassen sich das Edelmetall physisch nach dem Heimatland transferieren. Das Gold werde dann im Iran, wie Milliyet weiter berichtet, verkauft und der Erlös wieder in die eigene Landeswährung umgetauscht.

Entscheidend sind natürlich die Spreads zwischen dem Ankauf und dem Verkaufspreis des Goldes und der Wechselkurs zwischen dem Euro und der iranischen Landeswährung. Da die „privilegierten“ iranischen Unternehmer die Devisen vom Staat zu einem günstigeren Kurs bekommen, ergibt sich daraus angeblich ein Arbitrage-Geschäft. 

PS:


Eine Tonne Gold kostet heute rund 51,9 Mio. Schweizer Franken. Das heisst rund 49,6 Mio. $. Da die türkischen Exporte nach dem Iran (von Januar bis Juli 2012) von 2 Mrd. $ auf 8 Mrd. $ gestiegen sind, dürfte es sich dabei um 120 Tonnen Gold handeln, falls der Aussenhandel wirklich zum wesentlichen Teil aus Gold bestehen sollte.

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