Dienstag, 16. Oktober 2012

Fed-Gouverneur schlägt vor, die Grösse der Banken zu begrenzen


Daniel Tarullo, ein Fed-Gouverneur hat vergangene Woche in einem interessanten Vortrag („Financial Stability Regulation“) im Rahmen seiner Vorschläge zur Regulierung der Banken zum ersten Mal Begrenzung der Grösse der Finanzinstitute in Aussicht gestellt. In recht komplizierten Sätzen plädiert  Tarullo im Grunde genommen für die definitive Einführung einer Obergrenze für die grossen Banken.

Gläubiger gehen davon aus, dass die Finanzinstitute im Ernstfall staatlich geschützt werden, in erster Linie durch die Massnahmen der Fed. Die Banken und andere Finanzunternehmen fühlen sich daher ermutigt, noch grösser zu werden, wobei die wahrgenommenen Subventionen auch wachsen und die Finanzierungskosten der Banken zurückgehen, klagt der Rechtsprofessor an der Georgetown University Law Center.

Tarullo hebt von diesem Hintergrund insbesondere das Moral-Hazard-Problem im Zusammenhang mit Grossbanken hervor.

Simon Johnson hält es für einen Wendepunkt in der Denkweise der US-Notenbank, dass erstmals von einer Beschränkung der Grösse der Banken gesprochen wird, wie er in seiner lesenswerten Kolumne („Fed Should Push to Cut Biggest Banks Down to Size“) in Bloomberg bemerkt.

Tarullo, der auch die Vorschläge für erhöhte Eigenkapitalanforderungen für die Banken unterstützt, gibt den Ball aber an den Kongress weiter, über die Deckelung der Grösse der Banken zu entscheiden.

Johnson ist der Meinung, dass die Thematik nach der Präsidentschaftswahl in den USA an Dynamik gewinnen wird, und zwar aus fünf Gründen:

(1) Es gibt mittlerweile ein tiefes Verständnis für die Probleme, die mit Grossbanken zusammenhängen. Dazu zitiert Johnson zwei aktuelle Bücher: (a) Sheila Bair, die ehem. Vorsitzende der US-Einlagensicherungsbehörde (FDIC): „Bull by the Horns. Fighting to Save Main Street From Wall Street and Wall Street From Itself“ und (b) Jeff Connaughton: “The Payoff: Why Wall Street Always Wins”.

(2) Es gibt eine wachsende Erkenntnis, dass die Grossbanken u.a. zu gross zu verwalten sind. Die Evidenz von Mismanagement ist überwältigend: Libor-Betrug, Geldwäscherei-Vorwürfe an HSBC-Holding und Standard Chartered Plc, und Trade-Verlust in Höhe von 5,8 Mrd. $ von JPMorgan Chase (der sog. „London Whale“-Fall).

(3) Es gibt schon ein Gesetz in den Büchern, um die Grösse der Banken zu beschränken. Der “Riegle-Neal Interstate Banking and Branching Efficiency Act” (1994). Demnach darf keine Bank über mehr als 10% der gesamten Privatkundeneinlagen verfügen. Tarullo schlägt vor, die Verbindlichkeiten von Finanzunternehmen (ohne Berücksichtigung von Einlagen) auf einen bestimmten Prozentsatz am BIP zu begrenzen.

(4) Die Idee wurde bereits 2010 von Senator Sherrod Brown aus Ohio vorangebracht. Die Gesetzesvorlage kam jedoch im Senatsaal zum Erliegen, beschreibt Johnson. Das vorgeschlagene Gesetz sieht vor, dass keine Bank-Holding-Gesellschaft eine Bilanz-Summe von mehr als 1‘100 Mrd. $ haben darf, einschliesslich der ausserbilanziellen Geschäfte. Würde das Gesetz in die Praxis umgesetzt, würden JPMorgan, Citigroup, Bank of America und Wells Fargo unmittelbar davon betroffen. Das heisst, dass diese Banken schrumpfen müssten. Keine non-bank-Finanzunternehmen darf über Vermögenswerte von mehr als 400 Mrd. $ verfügen.

(5) Die Grössenbeschränkung von Banken funktioniert in Ohio sehr gut, schildert der an der MIT Sloan School of Management lehrende Wirtschaftsprofessor weiter.

Die Grössenbeschränkung  ist das moderne Äquivalent des Vertrauens und geniesst Unterstützung vom gesamten politischen Spektrum, fasst Johnson als Fazit zusammen. Menschen auf der rechten und linken Seite der Politik verstehen nicht, warum Megabanken implizite staatliche Subventionen bekommen sollen und die Menschen machen sich Sorgen darüber, dass die Top-Führungskräfte der Grossbanken zu mächtig geworden sind.

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