Dienstag, 9. Oktober 2012

Wie viel Vertrauen soll Wirtschaftsdaten geschenkt werden?


Vielleicht ist es nicht verwunderlich, dass eine politische Partei, die nicht fähig ist, die wissenschaftliche Evidenz über die globale Erwärmung einzusehen, mit weiteren Behauptungen über andere unbequeme Wahrheiten die Evidenz als politisch manipuliert abtut, schreibt Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel (“How Much Trust Should We Have in Economic Data?”) in The Fiscal Times.

Aber der Anfall auf das Bureau of Labor Statistics (BLS, Abteilung des US-Arbeitsministeriums) durch einige Republikaner am vergangenen Freitag über den Arbeitsmarktbericht, wonach die Beschäftigung sich verbessert, ist noch schon ein bisschen ein Schock.

Der Vorwurf, dass die Mitarbeiter des BLS die Beschäftigungszahlen manipulieren, um Obama einen Gefallen zu tun, ist Unsinn, wie jeder, die mit der Berechnung der Daten vertraut ist, bezeugen kann, hebt Thoma hervor. Das Thema rückt aber eine gute Frage in den Mittelpunkt: Welche Faktoren sollten bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit der wirtschaftlichen Daten berücksichtigt werden?

(1) Die erste Überlegung: Wie gut stimmt ein bestimmtes Daten-Element mit dem, was man misst, überein? Zum Beispiel BIP. Die gesamten Waren und Dienstleistungen, die in einer Volkswirtschaft hergestellt werden, sind theoretisch relativ einfach, zu definieren. Gibt aber die aktuelle Messung die Information wieder? In den Entwicklungsländern, wo es eine erhebliche Home Production gibt, werden diese Daten für das BIP nicht berücksichtigt, betont der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. Das BIP kann daher eine äusserst irreführende Messgrösse für die gesamte Produktion (output) darstellen.

Auch wenn ein bestimmtes Daten-Element unvollkommen ist, wie die Messung der gesamten Produktion, die z.B. Home Production ausschliesst, kann es sich dabei um eine nützliche Information handeln.

BIP und Arbeitslosigkeit mögen nicht völlig korrekte Reflektionen vom tatsächlichen Zustand der Wirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt liefern. Wenn aber die Messfehler konstant sind, können sie trotzdem ein genaues Bild zeigen, ob die Wirtschaft im Vergleich zu den letzten Jahren gut oder schlecht abschneidet.

(2) Die zweite Überlegung: Die Nützlichkeit eines bestimmten Daten-Elementes hängt von der Frage, die gestellt wird, ab, erklärt Thoma weiter. Zum Beispiel: Wenn die Frage die Lebenshaltungskosten für einen privaten Haushalt betrifft, ist die beste Messgrösse, die zur Verfügung steht, Personal Consumption Expenditures (PCE). Wenn aber die Frage die zugrunde liegende Trendrate der Inflation betrifft, dann ist die core PCE (Kern, d.h. PCE minus Nahrungsmittel und Energie) eine bessere Messgrösse.

Es ist auch wichtig, zu erkennen, dass, wenn ein Forscher einen Datensatz aufbaut, um auf eine bestimmte Forschungsfrage zu antworten, die Entscheidungen, die getroffen werden, gegen die Hypothese (wegen Voreingenommenheit) überprüft werden müssen. Dies hilft, Anschuldigungen, dass die Daten manipuliert wurden, zu vermeiden, und erhöht das Vertrauen, dass die Hypothese übersteht, unterstreicht Thoma.

Was auch wichtig ist, ist die Unsicherheit, die mit der Stichprobeprüfung zusammenhängt. Im Allgemeinen sind die Schätzungen über längere Zeit besser, da die Jahresdaten i.d.R. ziemlich gut ausfallen, während die wöchentlich erfassten Daten in vielen Fällen mit Störfaktoren behaftet sind. Und die Schätzungen mit längeren Stichproben sind besser als die, die auf kleinere Proben basieren.

Es gibt einige Länder, wo die Wirtschaftsdaten aus der Regierung stammen, mit erheblicher Skepsis betrachtet werden müssen. Aber in den USA gibt es zu viele Menschen, die daran beteiligt sind, und die Datenerfassung und Verarbeitung stehen stets unter Checks-and-Balances, fasst Thoma als Fazit zusammen.

Keine Kommentare: