Samstag, 19. Januar 2013

Japan und Helicopter Money


(Nur für Streber)

Japans Premierminister Shinzo Abe, der im Dezember mit grosser Mehrheit neu gewählt worden ist, will mit erhöhten Staatsausgaben die zerstörte Infrastruktur erneuern und neue Arbeitsplätze schaffen.

Abe erteilt damit an die derzeit in der Eurozone umgesetzte und viel Schaden anrichtende Austeritätspolitik eine klare Absage und drängt auch die japanische Notenbank (BoJ) mit einer expansiver Geldpolitik die Wirtschaft mit anzukurbeln.

Die japanische Börse hat auf das von Abe wiederbelebte Deficit Spending mit einem Kursfeuerwerk reagiert. Paul Krugman hat in seinem Blog dazu mit Anerkennung geschrieben, dass Japan der Welt den Ausweg aus der Liquiditätsfalle zeige.

Abes expansive Wirtschaftspolitik hat jedoch gerade dort, wo man Unterstützung erwartet hätte, die Gemüter erhitzt: Adam Posen ist beispielsweise gegen die fiskalpolitischen Impulse (fiscal stimulus) und befürwortet nur einen Fokus auf die expansive Geldpolitik und die Deflation. Richard Koo gefällt zwar Stimulus, aber er möchte alles über die ganze Problematik in Sachen Deflation praktisch einfach vergessen.

Krugman ist deswegen etwas verwirrt. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hat sicherlich kein wirtschaftliches Interesse an Abes politischem Erfolg oder daran, ob Abe überhaupt weiss, was er macht. Da es aber um die koordinierte Fiskal- und Geldpolitik geht, die im heutigen Umfeld der Wirtschaft das angemessene Mittel ist, die Krise zu bewältigen, will Krugman seine Begeisterung nicht verstecken.

Ist die Deflation z.B. ein Problem? Ja, sicher. Denn die erwartete Deflation hält die nominellen Zinsen unten auf der Null-Grenze (zero lower bound) und setzt eine etwas höhere Untergrenze für die langfristigen Zinsen, welche nicht gegen Null fallen können, da sie die Möglichkeit einpreisen, dass die kurzfristigen Zinsen, die ja nicht weiter fallen können, wahrscheinlich eher steigen würden. Als Ergebnis bleiben die Realzinsen höher als sonst, wenn die Inflation z.B. 2% betragen würde.

Und die relativ hohen Realzinsen richten einen erheblichen Schaden an. Selbst wenn man die Ansicht von Koo teilen würde, dass die Realzinsen keine Auswirkungen auf die inländische Ausgaben hätten, was ja gar nicht glaubwürdig ist, führen hohe Realzinsen zu einem überbewerteten Yen und verringern damit die japanische Wettbewerbsfähigkeit, erklärt Krugman.

Darüber hinaus würde etwas mehr Inflation helfen, die Schuldenlast sowohl für die öffentliche Hand als auch für die privaten Haushalte zu reduzieren. Nein, es käme nicht zu einem Anstieg der Zinsen, da die Zinsen wie bereits erwähnt auf der Null Grenze liegen. Die Bilanz-Rezession würde damit etwas entlastet und die Bedenken in Bezug auf die haushaltspolitische Aussicht abgebaut.

Es gibt also handfeste Argumente dafür, aus der Deflationsfalle zu kommen und eine etwas höhere (mässige) Inflation zuzulassen. Die Frage ist jedoch, wie man dorthin kommt.

Andererseits scheint Posen der Auffassung zu sein, dass unkonventionelle Geldpolitik sowohl im Hinblick auf die Nachfrage nach Vermögenswerten als auch auf die Erwartungen funktioniert. Es mag sein. Aber viele Ökonomen sind sich wegen der limitierten Resultate der QE-Politik (quantitative easing) einig. Es gibt also viele Argumente zu Gunsten von (vorübergehendem) Fiscal Stimulus, um die Produktionslücke (output gap) zu schliessen, selbst damit eine Überhitzung der Wirtschaft riskiert werden sollte, hebt Krugman hervor.

Die Glaubwürdigkeit eines etwas höheren Inflationsziels kann angesichts der deflationären Tendenz der Zentralbanken am besten gegründet werden (a) durch die Reduzierung der Zentralbank-Autonomie und (b) dadurch, dass die Zentralbank die Monetisierung der Staatsausgaben zumindest für eine Weile unterstützt, erläutert Krugman weiter.

Gauti Eggertsson hat längst als Beispiel auf die erfolgreiche Politik Japans in der ersten Hälfte der 1930er Jahre hingewiesen.

Paul McCulley und Zoltan Pozsar haben kürzlich unterstrichen, dass Schuldeaufbau und –abbau-Zyklen à la Minsky bedeuten, dass eine Zentralbank expansive Fiskalpolitik durch „helicopter money“ unterstützen, was der Wirtschaft-Arzt genau vorschreiben würde.

Das alles deute laut Krugman darauf hin, dass Abe auf dem richtigen Weg ist. Ja, der Stimulus mag nicht effizient ausgegeben werden. Aber selbst nutzlose Ausgaben können in diesem Umfeld eine nützliche Rolle spielen. Krugman macht sich eher Sorgen darum, dass das Konjunkturprogramm nicht genug startbereite Projekte umfasst, welche kurzfristig einen wesentlichen Antrieb liefern könnten. Die wichtigste Nachricht sei aber, dass die BoJ der Regierung folge.

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