Donnerstag, 21. Februar 2013

Deutsche Bank und Mathematik


Die Deutsche Bank hat am vergangenen Donnerstag die Quartalszahlen vorgelegt. Die grösste deutsche Bank hat mitgeteilt, dass sie die harte Kernkapitalquote (capital ratio) von 6% Ende 2011 auf 8% Ende 2012 erhöht hat.

Was ungewöhnlich ist, dass die Erhöhung der Kapitalquote mit Risiken auf der realen Welt nichts zu tun hat, wie John Carney in einem lesenswerten Artikel („Deutsche Bank Improved Its Capital Ratio by Changing Risk Measures“) beschreibt.

Wie kann eine Bank ihre Kernkapitalquote erhöhen? Indem sie z.B. Geld verdient und Gewinne zurückbehält. Das heisst, dass die Bank tatsächlich Gewinnrücklagen aufbaut. Aber die Deutsche Bank hat nach eigenen Angaben im vierten Quartal einen Verlust von 2,2 Mrd. Euro verbucht. Das bedeutet: Die Gewinnrücklagen können nicht zu einem Anstieg der Kernkapitalquote beigetragen haben.

Die Bank kann ihre Kapitalquote auch durch den Verkauf von Aktien erhöhen. Das ist aber nicht der Fall, weil die Deutsche Bank die Aktionäre nicht zur Kasse gebeten hat.

Eine weitere Möglichkeit ist, um die Kapitalquote zu erhöhen, die Vermögenswerte, die die Bank hat, zu verringern. Weniger Kreditvergabe in den Büchern bedeutet, dass die Notwendigkeit, mehr Eigenkapital gegen Risiken zu halten, abnimmt. Die Deutsche Bank hat aber keine Assets verkauft.


Wie Europas grosse Banken die Risiken (RWA) schönrechnen, Graph: WSJ in: „European Banks Move to Boost Health Gauge“, Febr. 2013

RWA erfasst die Summe aller Aktiven multipliziert mit der jeweiligen Risikogewichtung. Gemäss Basel III-Regelwerk muss eine Bank über eine Kernkapitalquote von mind. 7% der RWA verfügen. Die Risikogewichtung richtet sich nach der Ausfallwahrscheinlichkeit der jeweiligen Assets.

Die Deutsche Bank hat im vierten Quartal nach eigenen Angaben einen Risikoabbau („de-risking“) in Höhe von 55 Mrd. Euro erzielt.

Die Bank hat m.a.W. die risikogewichteten Aktiva (RWA: risk weighted assets)um 55 Mrd. Euro reduziert, um ihre Kapitalquote zu erhöhen, wie Reuters berichtet.

Die Deutsche Bank hat die Art und Weise, wie sie die Risiken (RWA) berechnet, angepasst. Die Bank hat einfach die Methode zur Messung der Risiken gewechselt. Für sonstige Vermögenswerte seien Hedging abgeschlossen worden, was dazu führt, dass die Bank von Risikoabbau ausgeht.

Es ist aber laut Carney unmöglich, zu wissen, wie viel davon von Hedging und wie viel vom Wechsel der Methode für die Berechnung des Risikos herrührt.
Die Bank teilt andererseits mit, dass die Verbesserungen wie folgt erzielt worden sind:

18 Mrd. Euro aus „ roll out of advanced model“,

8 Mrd. Euro aus “data improvement exercises”: eine neue interne Methode sei angewandt worden, um die Derivate zu berechnen. Zudem seien einige Sicherheiten (collaterals) aktiviert worden.

15 Mrd. Euro aus „portfolio optimization“.

Das heisst, dass die meisten Änderungen aus Mathematik stammen, und weniger aus den tatsächlichen Vermögenswerten.

Die Bank hat also die Risiken um 26 Mrd. Euro reduziert, indem sie die Computer anders programmiert hat.

Die Kernkapitalquote ist via clever mathematics erhöht worden.

Das bedeutet aber nicht, dass die Deutsche Bank das Risiko tatsächlich verringert hat. Das Risiko ist nach Überzeugung der Bank nun lediglich gehedgt. Wie effektiv, kann ein Investor nicht einschätzen. Es kann sich dabei durchaus um eine Absicherung im Still von London Whale handeln.

Wenn die Deutsche Bank davon redet, dass sie „de-risking“ gemacht hat, heisst es nicht, dass damit reale Risiken auf der Welt reduziert worden sind. Es geht bloss um ein regulatorisch erfasstes Risiko. Das heisst, dass das Risiko in den Augen der Regulierungsbehörden gekürzt worden ist. Warum verlangen aber die Regulatoren nicht nach mehr Eigenkapital oder z.B. die Zurückbehaltung von Dividendenauszahlungen, wie Anat Admati nahelegt?

PSDer Anstieg der Kernkapitalquote auf 8% entspricht einer Kapitalerhöhung von 8 Mrd. Euro.

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