Dienstag, 23. Juli 2013

Austerität und Deflationsgefahr

Die EWU steckt in einer Krise. Das Problem kann nicht zufriedenstellend durch Deflation gelöst werden. Denn das würde Insolvenzen unter überschuldeten Haushalten und Unternehmen steigen lassen, schreibt Hans-Werner Sinn heute in einem Artikel („It is wrong to portray Germany as the euro winner“) in FT.

Durchwursteln ist die einzige Lösung. Deutschland muss mehr Inflation akzeptieren, während Südeuropa die Inflation reduzieren muss, um die Anpassung der relativen Preise zu realisieren. Dieser Prozess erfordert harsche Austeritätsmassnahmen, argumentiert der Präsident des ifo-Instituts.

Ist die Gefahr aber nicht gross, dass die Austerität zu Deflation führt? Doch. Hier ist die Abfolge des Geschehens.

Nach einer schweren (Finanz-) Krise bieten sich i.d.R. vier Wege an, um die Probleme anzugehen, wie Mark Blyth in seinem Buch Austerity darlegt: (1) Inflation: Da die EZB ein einziges Mandat der Preisstabilität hat, wird der Weg via Inflation nicht zugelassen. (2) Deflation: Anpassung der Löhne und der Preise nach unten, wie die Austrian Schule es propagiert. Da dadurch Arbeitslosigkeit steigt und Instabilität verstärkt wird, wird auch dieser Weg (zumindest nominell) abgelehnt.

(3) Devaluation: Eine Abwertung ist aber nur möglich, wenn man die eigene Landeswährung hat. Das ist in der EWU nicht der Fall, weil alles Länder die Gemeinschaftswährung teilen. Und (4) Default: Zahlungsausfall kommt nicht in Frage, weil die Staatsanleihen vorwiegend von Banken gehalten werden, welche als Basis für viele strukturierte Produkte verwendet werden, aber auch der Erfüllung der Eigenkapitalnanforderungen dienen. Merke: Die Austeritätspolitik ist schliesslich dafür da, um die (TBTF)-Banken zu retten.

Was am Schluss übrig bleibt, ist interne Abwertung (sprich Austerität), d.h. Lohnkürzungen. Die negativen Auswirkungen der Lohnkürzungen auf die Arbeitslosigkeit liegen auf der Hand. Die Kürzung der Löhne bedeutet, dass weniger Einkommen zur Verfügung steht. Die Verbraucher halten sich mit Ausgaben zurück. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nimmt dann ab. Und die Unternehmen entlassen Arbeitskräfte.

Wenn Unternehmen auf den Rückgang des Absatzes mit Preissenkungen reagieren, kommt es zu Deflation. Die Konsumenten verzichten auf Ausgaben, weil sie mit weiter fallenden Preisen rechnen. Die Investitionstätigkeit geht zurück. Gesamtwirtschaftlich wird immer mehr Geld gehortet. Tiefere Konsumausgaben und Investitionen bedeuten am Schluss, dass das BIP abnimmt und die Arbeitslosigkeit steigt. Fiskalische Konsolidierungsprogramme in der ganzen Eurozone verstärken folglich die deflationäre Abwärtsspirale. Und die Eurokrise wird zu einer Wachstumskrise. Wenn das BIP nicht wächst, sinkt die Schuldenstandsquote (debt to GDP) nicht.

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