Mittwoch, 4. September 2013

Deutschlands Wirtschaftsmodell kann nicht Europas Zukunft sein

In einem lesenswerten Artikel („Germany is being crushed by its export obsession“) in FT nimmt Adam Posen das deutsche, einzig exportorientierte Wirtschaftsmodell auseinander. Sachlich, mit konkreten Zahlen.

Wenn Deutschlands Wirtschaftsmodell die Zukunft Europas sein soll, wie von der Kanzlerin Merkel anpreist wird, dann sollten wir ziemlich beunruhigt sein, bemerkt der Präsident des Peterson Institute for International Economics (PIIE) in Washington.

Deutschlands Weg zur Wettbewerbsfähigkeit beruht auf der Senkung der Arbeitskosten. Lohnsenkungen sind die Grundlage des Exporterfolges in den letzten 12 Jahren gewesen, hebt Posen hervor: Niedrige Löhne sollten aber für ein reiches Land keine Basis bilden, um mit anderen Ländern in Konkurrenz zu stehen.

Deutschland hat jetzt den höchsten Anteil der Niedriglohn-Arbeitnehmer im Verhältnis zu nationalen Median-Einkommen im Westeuropa. Durchschnittliche Löhne sind nach mehr als einem Jahrzehnt Stagnation zum ersten Mal im Vorjahr gestiegen, unterstreicht Posen. 

Idealerweise sollte ein wohlhabendes Land (1) durch Forschung & Entwicklung und Kapitalanlage wettbewerbsfähiger werden.  Die andere Möglichkeit ist, (2) in Human Capital zu investieren. Das heisst, die Arbeitskraft auszubilden.


Ad 1) Die Brutto-Anlageinvestitionen fallen in Deutschland seit 1991 stetig, von 24% des BIP auf 18%. Die deutschen Investitionen bleiben laut OECD seit 2001 kontinuierlich deutlich unter der Rate des Restes der G7-Länder.

Ad 2) In Kanada, Frankreich, Japan, Polen, Spanien, Grossbritannien und den USA ist der Anteil der jungen Arbeitnehmer mit höherer Bildung mindestens 10% höher als in Deutschland, in den meisten Fällen sogar 20% höher.

Das Ergebnis ist, dass (a) Deutschlands Produktivität niedriger ist als die der gleichrangigen Länder. Das Wachstum des BIP pro Arbeitsstunde liegt 25% unter dem OECD-Durchschnitt. Kein Wunder, dass Deutschland versucht, seine Wettbewerbsfähigkeit durch die Reduzierung der relativen Löhne und die Verlagerung der Produktion nach Osten zu verbessern, erläutert Posen weiter.

Und (b) die Ungleichheit in der Gesellschaft nimmt zu und die Zurückhaltung der Unternehmen zum Investieren hält an.

Die Export-Besessenheit hat politische Entscheidungsträger davon abgelenkt, (i) die Banken zu rekapitalisieren, (ii) den Dienstleistungssektor zu öffnen und (iii) Anreize für die Umverteilung des Kapitals weg von den alten Industrien zu fördern, fasst Posen als Fazit zusammen.

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