Freitag, 22. November 2013

Warum Sozialleistungen erhöht werden sollen

Für diejenigen Menschen, die in Washington („inside the Beltway“) ernst genommen werden, gilt seit vielen Jahren eine überwältigende Regel, die lautet, dass man seine Bereitschaft zur Kürzung der Sozialleistungen erklären muss, und zwar im Rahmen der Reform von Social Security, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Expanding Social Security“) am Freitag in NYTimes.

Es ging nie um Zahlen, die die Vorstellung sowieso nicht unterstützen, dass die soziale Sicherheit in einer akuten Krise steckt. Es hat stattdessen mit einer Art Erklärung von Identität zu tun, zu zeigen, dass man zum Establishment gehört und willens ist, anderen Menschen im Namen der haushaltspolitischen Verantwortung unnötiges Leid zuzufügen.

Eine komische Sache ist aber, erklärt Krugman, was sich in den vergangenen Jahren abgezeichnet hat, dass jetzt eine Diskussion darüber stattfindet, die Social Security nicht zu kürzen, sondern auszudehnen. Die Rede von der Ausweitung der sozialen Sicherheit hat sogar mittlerweile den Weg zum Senat gefunden, wo Tom Harkin das Gesetz für die Erhöhung der Sozialleistungen vorgestellt hat. Ein paar Tage später hat Senatorin Elizabeth Warren einen mitreissenden Vortrag über die Vorteile der Vorsorgeleistungen gehalten.

Wo kommt das Ganze jetzt her? Eine Antwort ist, dass die Defizit-Schimpfer, die Sozialleistungen abbauen wollen, verdientermassen, in den vergangenen Jahren viel an Glaubwürdigkeit verloren haben. Darüber hinaus steckt Amerikas Rentensystem in grossen Schwierigkeiten.

Viele Arbeitnehmer hatten bislang leistungsorientierte Pensionspläne gehabt; Pläne, wonach ein regelmässiges Einkommen nach der Pensionierung durch die Arbeitgeber garantiert war. Und eine ganze Reihe von Senioren profitieren heute noch von solchen Plänen.

Heute hingegen haben Arbeitnehmer, die im Allgemeinen überhaupt über irgendeine Altersvorsorge verfügen, i.d.R. beitragsorientierte Pläne, hauptsächlich 401(k). Das Problem dabei ist klar, dass die Umstellung auf 401(k) ein riesiger Fehler war, so Krugman. Die Arbeitgeber nutzten die Umwandlung aus, um soziale Leistungen heimlich zu reduzieren. Die Anlagerenditen waren weit geringer als Arbeitnehmern versprochen wurde. Andererseits haben viele Menschen ihr Geld nicht klug verwalten können.

Folglich sieht man jetzt auf eine drohende Krise des Rentensystems gegenüber, mit Dutzenden von Millionen von Amerikanern, die einen starken Rückgang des Lebensstardards erleben. Für viele gilt, dass das einzige, was sie vor bitterer Armut schützt, Social Security ist. Ist man nicht froh, dass dieses Programm nicht privatisiert worden ist?

Realistisch betrachtet dürfte die Ausdehnung von Social Security nicht so bald erfolgen. Aber es ist eine Idee, die es Wert ist. Und es ist ein sehr gutes Zeichen, dass es endlich dazu gekommen ist, hält Krugman als Fazit fest.

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