Sonntag, 30. Juni 2013

Tapering: Ein historischer Fehler der Fed?

Die Märkte hören auf die Fed. Die Marktteilnehmer achten aber nicht auf die Einzelheiten. Allem Anschein nach kommt es stattdessen auf den Ton, den die Fed anschlägt, an.

Seitdem die Fed von „tapering“ gesprochen hat, geht es in den Anleihemärkten auf und ab. Eine Reduktion der Wertpapierkäufe (UST und MBS), die Ben Bernanke in die Runde geschmiessen hat, hat einen Anstieg der Renditen bzw. einen Absturz der Bond-Preise ausgelöst. Die Fed ist nun bemüht, die Wogen zu glätten.

Paul Krugman spricht in seinem Blog von einem „historischen Fehler“ durch die Fed. Was ging aber schief? Die Fed versucht zur Zeit, die Wirtschaft anzukurbeln, erstens durch die Kontrolle der kurzfristigen Zinsen, die ja aus diesem Grund niedrig bleiben sollen, und zweitens durch die Verringerung der Zinsen am langen Ende der Ertragskurve, durch den Ankauf von festverzinslichen Papieren wie US-Treasury Bonds und MBS

Die Fed will zwar die Wertpapierkäufe zurückfahren, aber sie will die kurzfristigen Zinsen auf alle Fälle noch niedrig halten. Die Marktteilnehmer erwarteten noch im April keine Zinserhöhung durch die Fed im nächsten Jahr. Nun gehen sie plötzlich davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Fed im kommenden Jahr die Zinsen anhebt. Die Fed-Vertreter sind frustriert.



US-Staatsanleihe mit 10 Jahren Laufzeit. Verlauf der Rendite seit Januar 2013, Graph: FRED, Fed St. Louis

Samstag, 29. Juni 2013

Laufzeitprämie und Verlauf der Rendite der US-Staatsanleihen

Die Laufzeitprämie für die US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist im sog der Tapering-Debatte in den vergangenen Wochen um 80 Basispunkte (d.h. 0,8%) gestiegen. Aber sie bleibt dennoch 20 Basispunkte (d.h. 0.2%) unter ihrem langfristigen Durchschnitt von 1,0%.

Die Laufzeitprämie (term premium) verläuft nach Schätzungen der Analysen von Morgan Stanley zwischen 1,0 und 2,0% vor dem Beginn eines Zinsstraffungs-Zykluses, was nahelegt, dass die Rendite der US-Treasury Bonds weiter steigen können, bevor die Fed dazu übergeht, die unkonventionelle Geldpolitik zu verlassen.



US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit: Laufzeitprämie im historischen Verlauf, Graph: Morgan Stanley

Freitag, 28. Juni 2013

Das neue Klimaprogramm von Präsident Obama

Es war eine arbeitsreiche Woche in Sachen News in den USA: voting rights, gay marriage und Paula Deen. Trotzdem ist es bemerkenswert, wie wenig Aufmerksamkeit dem neuen Klimaschutzmassnahmen-Programm von Präsident Obama in den Medien geschenkt wurde, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Invest, Divest and Prosper“) am Freitag in NYTimes. Es ist ein „big deal“, wie der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor unterstreicht.

Obama will das Klima-Programm ohne den Kongress umsetzen. Der neue Plan läuft über exekutive Wege. Das heisst, dass Anti-Umweltschützer umgangen werden, die das Repräsentantenhaus kontrollieren, erklärt Krugman.

Republikaner realisieren das und scheinen jetzt, Klimawissenschaft nicht angreifen zu wollen. Vielleicht, weil sie sonst unvernünftig (was sie ja sind) klingen würden. Stattdessen prangern sie die Obama Regierung an, einen „Krieg gegen Kohle“ zu führen, der Arbeitsplätze vernichten werde.

Es ist so, dass sie zu Hälfte Recht haben, schildert Krugman weiter. Der neue Obama-Plan ist zu einem gewissen Grad ein Krieg auf Kohle, weil die Verringerung der Nutzung von Kohle zum Teil unbedingt mit ernsthaften Anstrengungen einhergeht, Treibhausgasemissionen zu mindern. Aber der Krieg auf Kohle wird nicht Arbeitsplätze vernichten. Es ist in der Tat Neuregelung der  Treibhausgase.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Schweizer Franken bleibt hoch bewertet

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält unverändert am Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR fest. Im heute veröffentlichten Quartalsheft 2/2013 Juni unterstreicht die SNB, dass der Franken nach wie vor hoch bewertet ist. Eine Aufwertung des CHF würde die Preisstabilität gefährden und hätte schwerwiegende Folgen für die Schweizer Wirtschaft.

Die Risiken für die Schweizer Wirtschaft bleiben hoch. Die SNB deutet in diesem Zusammenhang auf das internationale, aber v.a. auf die Eurzone hin.

Die Auslastung der technischen Kapazitäten in der verarbeitenden Industrie sind im ersten Quartal 2013 erstmals seit fast zwei Jahren wieder angestiegen. Sie lag zwar mit 81,3% über dem Wert des vierten Quartals 2012 (80,2%), aber weiterhin klar unter ihrem langjährigen Durchschnitt.


Aussenwert des Frankens (CHF), Graph: SNB, Quartalsheft 2/2013 Juni

Mittwoch, 26. Juni 2013

Machen Zentralbanken alles falsch?

Antonio Fatas findet es erstaunlich, zu Recht, dass diejenigen, die bisher argumentierten, dass die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) kaum Auswirkungen auf die Wirtschaft hat, nun die Zentralbanken beschuldigen, viel Schaden anzurichten, wenn sie die geldpolitischen Impulse via QE zurücknehmen.

„Die Kriter scheinen über ein asymmetrisches Wirtschaftsmodell zu verfügen. Ich würde es gerne sehen“, schreibt der an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor in seinem Blog.

Was darüber hinaus überraschend ist, dass diejenigen, die ihre Bedenken im Hinblick auf die Art der expansiven Geldpolitik zum Ausdruck bringen, sich um die Entwicklung der Inflation im Vergleich zum Zielwert keine Gedanken machen.

Im neulich veröffentlichten Jahresbericht der BIZ wird behauptet, dass die Zentralbanken mit dem Feuer spielen, dass sie die Zinsen zu niedrig festlegen und damit eine Quelle der Inflation und/oder Spekulationsblasen generieren. Die Forscher der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) präsentieren dazu die Taylor Regel in zwei Abbildungen (jeweils für die Industrie- und für die Schwellenländer), um ihre Argumente zu stützen.


Die Taylor Regel und die Entwicklung der Zinssätze in den Industrieländern, Graph: BIS in: Annual Report 2012/2013, June 23, 2013

Wo kommen die niedrigen Zinsen her?

Die heftige Debatte über die Entwicklung der langfristigen Zinsen schlägt zur Zeit hohe Wellen. Die Frage, die diskutiert wird, lautet, warum die langfristigen Renditen so niedrig sind?

Die eine Gruppe vertritt die Ansicht, dass die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) der Fed für die niedrigen Zinsen am langen Ende der Ertragskurve verantwortlich ist. Wenn die Fed am offenen Markt US-Treasury Bonds und MBS kauft (aktuell in Höhe von 85 Mrd. $ im Monat), steigen die Kurse, sodass die Rendite spiegelbildlich zurückfällt.

Die andere Gruppe ist der Meinung, dass die langfristigen Zinsen niedrig sind, weil die Wirtschaft in einer schweren Rezession steckt. Das heisst, dass die fallende Inflation dafür verantwortlich ist. Das ist auch der Grund dafür, warum die realen Zinsen niedrig sind. Ein weiterer Grund ist die starke Nachfrage nach sicheren Anlagen. Aber auch die Nachfrage der Regierungen und der Zentralbanken nach Fremdwährungsreserven tragen dazu bei, dass die Zinsen niedrig verlaufen.

Wenn alles gleich bleibt, senkt die QE-Politik die Zinsen, schreibt Ryan Avent in einem lesenswerten Artikel in  The Economist. Diese Vorstellung wird im Grunde genommen im Allgemeinen akzeptiert. Ben Bernanke führt QE-Politik durch, um die langfristigen Zinsen etwas tiefer zu drücken.

Der Punkt ist jedoch, wie Avent unterstreicht, dass andere Dinge nicht gleich bleiben. Niedrige Zinsen sollen von Sparen abhalten und die Kreditaufnahme und Investitionen fördern, womit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage angekurbelt werden soll. Das wiederum dürfte zu einem Anstieg der Inflationserwartungen führen, was auf die voraussichtliche Entwicklung der kurzfristigen Zinsen auswirkt. Auf diese Weise reduziert sich die Nachfrage nach sicheren Anlagen. Die QE-Politik soll also dafür sorgen, dass die Zinsen niedriger notieren, als es sonst der Fall wäre.

Dienstag, 25. Juni 2013

Draghi spricht von „wachstumsfreundlicher Haushaltskonsolidierung“

Mario Draghi hat heute in einem Vortrag in Berlin gesagt, dass die Regierungen keine Wahl zwischen Reformen und dem OMT (Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB) hätten. OMT komme nur mit Reformen.

Die EZB würde nicht so handeln, mit dem OMT-Programm die Risikoaufschläge (spreads) künstlich einzuengen, im Gegenteil, Draghi glaube daran, dass die Spreads die zugrunde liegenden fiskalischen Positionen der Ländern und der wirtschaftlichen Aussichten widerspiegeln sollen.

Verwunderlich waren Draghis Schlussbemerkungen. Ein weiteres wichtiges Thema sei „wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung“ (growth-friendly fiscal consolidation): „Wir müssen darauf achten, dass auf Schulden basierende Staatsausgaben kein Weg sind, um Wirtschaftswachstum zu fördern“. Die Staatsverschuldung sei im Euroraum in den vergangenen 15 Jahren auf fast 20% des BIP gestiegen. Betrachte man die vergangenen 30 Jahren, ergibt sich ein Wert von über 50% des BIP. Das Wirtschaftswachstum sei zur gleichen Zeit gesunken: von 3,8% in den 1970er Jahre auf 2,1% in den 1990er Jahren. Der Anstieg der Verschuldung hat laut Draghi die Stagnation des Wachstums nicht verhindert.

Es stimmt natürlich nicht, was EZB-Präsident mit Bezug auf die Staatsverschuldung erzählt. Die Staatsschulden sind unzweideutig nach dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 gestiegen. Thomas Fricke liefert dazu eine gute Abbildung auf Seite 73 seines lesenswerten Buches („Wie viel Bank braucht der Mensch?“)


Bruttoverschuldung, Graph: Prof. Paul De Grauwe in „Design Failures in the Eurozone“, Febr. 2013

Deutschland hat Investitionslücke


Die deutsche Wirtschaft stagniert auch im zweiten Quartal wie der gestern vorgelegte ifo-Index bestätigt. Export ist in dieser fragilen Weltwirtschaft kein verlässlicher Pfeiler für die Konjunktur, bemerkt Heiner Flassbeck in seinem Blog dazu. Nichts spricht dafür, dass sich die deutsche Binnennachfrage in diesem oder im nächsten Jahr belebt, hebt der ehemalige Chefvolkswirt der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) hervor.

Bekannt ist, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland seit 1999  im Vergleich zum Euroraum niedriger war. Und auch die realen Reallöhne sind kaum gestiegen. Konsumausgaben haben in der Eurozone im Durchschnitt deutlich kräftiger zugenommen als in Deutschland.

In einem neulich veröffentlichten Bericht fasst DIW Berlin nun zusammen, dass Deutschland in vielen Bereichen nicht wirklich vorangekommen ist. Die Bundesrepublik ist einer der Sparweltmeister. Kaum ein Industrieland hat eine so hohe private Sparquote wie Deutschland, unterstreicht das grösste deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut.

Die hohen Ersparnisse wurden zu grossen Teilen nicht hierzulande, sondern im Ausland investiert. Dort brachten sie laut DIW nicht die erhofften Erträge. Das Geld, das im Ausland verloren wird, fehlt im Inland für Investitionen, argumentieren die DIW-Forscher. Das ist zugleich der Hauptgedanke hinter dem lesenswerten Bericht.


Reallöhne, Graph: DIW Berlin, Wochenbericht 26/2013

Montag, 24. Juni 2013

Die Bank of Israel hat Zinsen unverändert gelassen

Die Bank of Israel (BoI) hat heute den Leitzins bei 1,25% unverändert belassen. Im Mai hatten die israelischen Währungshüter die Zinsen zwei mal jeweils um 25 Basispunkte gesenkt.

Die Entscheidung, den Zinssatz für Juli 2013 auf 1,25% unverändert beizubehalten, steht im Einklang mit der Zinspolitik der BoI, um die Inflationsrate innerhalb des Preisstabilitätsziels von 1 bis 3% pro Jahr zu verankern und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum sowie die finanzielle Stabilität zu fördern. Der Pfad des Zinssatzes in Zukunft hängt von den Entwicklungen der Inflation, des Wachstums in Israel und der globalen Wirtschaft, der Geldpolitik der grossen Zentralbanken und den Entwicklungen des Wechselkurses von Schekel ab, liess die BoI in einer Pressemitteilung wissen.

Die wichtigsten Überlegungen, die hinter der Entscheidung stehen, sind:

(1) Die Inflationserwartungen für das kommende Jahr befinden sich in der Mitte des Inflationsziels von 1,7 bis 2%. Die Inflation ist im Mai um 0,1% gestiegen. Die allgemeine Inflation beläuft sich auf Jahresbasis den zweiten Monat in Folge auf 0,9%.

(2) Die Indikatoren deuten auf eine Verlangsamung der Wachstumsrate der Konjunktur hin. Die BoI hat die Prognose für das Wirtschaftswachstum 2013 unverändert (3,8%) belassen, aber die für 2014 nach unten (3,2%) korrigiert.

(3) Die expansive Geldpolitik der führenden Zentralbanken wird weiterhin fortgesetzt.



Israel: Zinssätze und erwartete Zinssätze, Graph: Bank of Israel

Bizarres von BIZ

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat am Sonntag ihren Jahresbericht (Annual Report 2012/2013) veröffentlicht. Die als Zentralbank der Zentralbanken geltende internationale Institution des Finanzwesens ist in den vergangenen Jahren mit Vorurteilen in konzentrierter Form aufgefallen:

Die Zinsen müssen angehoben werden, weil sonst die Rohstoffpreise steigen und die Inflation durch die Decke schiesst. Die Rohstoffpreise sind abrupt gesunken und die Inflation ist so niedrig, dass eher genau das Gegenteil, d.h. Deflation eine Gefahr darstellt. Nachdem der rasche Anstieg der Inflation ausgelieben ist, ist die BIZ dazu übergegangen, vor Blasen am Anleihemarkt zu warnen. Ein weiteres bizarres Argument lautet, dass das niedrig verharrende Zinsniveau den Regierungen den Druck nehme.

Heute wiederholt die BIZ die inzwischen durch die empirisch widerlegten Argumente zu Gunsten von Austerität. Die BIZ erkennt zwar Bilanz-Rezession und Schulden-Überhang an, aber plädiert dafür, dass sowohl der öffentliche als auch der private Sektor sofort die Schulden abbauen sollen. Hello? Wo soll die Nachfrage herkommen, wenn alle gleichzeitig sparen? Eine Volkswirtschaft kann nicht als Ganzes ansparen. Wenn einer spart, muss ein anderer Schulden machen. Jemand muss das angesparte Geld immer aufnehmen, um zu investieren. Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen.

Antonio Fatas schreibt in seinem Blog dazu, dass einige Argumente im Jahresbericht der BIZ auch im Vortrag von Raghuram Rajan vorgestellt werden. Die Argumente enthalten eine Reihe von Ungereimtheiten, hebt der an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

Der Kern der Argumente ist so, dass sowohl die Geld- als auch die Fiskalpolitik zwar notwendig waren, aber inzwischen zu weit gegangen seien, weil sie sich als unwirksam erwiesen hätten. Das Wirtschaftswachstum werde dadurch abgebremst und im Hinblick auf die Zukunft Unsicherheit geschaffen.



Taylor Rule, Graph: BIS, Annual Report 2012/13

Florida versus Spanien

Eine Möglichkeit, die sich bietet, um die Probleme in der Euro-Krise besser zu verstehen, ist ein Vergleich von Florida und Spanien, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Was haben Florida und Spanien gemeinsam?

Beide hatten riesige Immobilienblase, zum Teil gespeist durch die Käufer der Ferienhäuser an der Küste. Beide erlitten als Ergebnis böse Rezessionen.

Worin unterscheiden sich aber Florida und Spanien?

Florida ist Teil einer Fiskal- und Währungsunion. Spanien nicht. Nach der Schrumpfung der Wirtschaft zahlte Florida weniger Bundessteuern, wenn auch die Staatsausgaben gestiegen sind. Nach Krugmans Schätzungen belief sich die Finanzhilfe für Florida 2010 auf rund 5% des BIP, wohlgemerkt kein Darlehen, sondern Finanzhilfe. Alles auf dieser Skala wäre in der EU undenkbar gewesen.

Nun weiss jeder, dass Spanien nach wie vor leidet, mit einer steigenden Arbeitslosigkeit, und obwohl die EZB versucht, die Refinanzierungskosten für die EU-Länder an der Peripherie zu senken. Ein Ende der Euro-Krise ist aber nicht in Sicht.

Was geschieht inzwischen in Florida? Die Arbeitslosigkeit ist nicht nur gesunken, sondern sie verläuft auch unter dem nationalen Durchschnitt. Wie konnte das passieren? Nicht wegen eines riesigen Beschäftigungs-Booms. Der Rückgang der Beschäftigung in Florida war viel grösser als im ganzen Land.

Die Antwort ist wahrscheinlich die Auswanderung: Arbeitnehmer verlassen Florida, um bessere Arbeitsmärkte zu suchen. Bei der Gelegenheit kann festgehalten werden, dass die Vorstellung von Anfang an falsch war, dass „strukturelle“ Fehlanpassungen (mismatch) für die schwache Beschäftigung verantwortlich seien, wie Krugman hervorhebt.

Bernanke, auch du?

Ben Bernanke und seine Kollegen bei der Fed waren in diesen schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zum grössten Teil gute Jungs. Sie haben versucht, die Wirtschaft anzukurbeln, auch wenn Washington zumeist die Arbeitslosen vergessen hat. Der Aktivismus der Fed war zwar willkommen, aber nicht genug, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne (“Et Tu, Bernanke?”) am Montag in NYTimes. Die Fed sollte mehr tun. Aber sie hat zumindest das, was wirklich wichtig ist, nicht aus den Augen verloren. Bis jetzt.

Die Fed-Vertreter geben in letzter Zeit zunehmend starke Hinweise darauf, dass sie sich anschicken, mit dem „tapering“ zu beginnen, d.h. der Rückkehr zur Normalisierung der Geldpolitik. Das Problem ist nur, dass damit das falsche Signal über den Zustand der Wirtschaft gesendet wird. Die Wirtschaft steckt immer noch in einer geringgradigen Depression. Und die schlechte Nachricht durch die Fed verringert die Chancen, in absehbarer Zeit aus der Depression zu kommen.

Die Renditen sind seit dem Beginn der Diskussion um „tapering“ sicherlich gestiegen und höhere Renditen bedeuten eine langsame Erholung der Wirtschaft. Die Fed-Vertreter sehen das alles sicherlich ein. Aber was denken sie, was sie tun?

Eine Antwort könnte sein, dass die Fed den Kritikern leise zustimmt, dass sie mit der lockeren Geldpolitik (easy money) schädliche Nebenwirkungen erzeuge, wodurch das Risiko von Blasen steige. Hoffentlich trifft das aber nicht zu. Welcher Schaden auch immer die kurzfristigen Zinsen anrichten können, sind sie im Vergleich zum Schaden, der durch höhere Zinsen und den Anstieg der Arbeitslosigkeit ausgelöst wird, trivial.

Sonntag, 23. Juni 2013

Eine Gesellschaft mit mehr Ungleichheit der Chancen

Greg Mankiw hat in einem Paper („Defending the One Percent“) neulich die obersten 1% der Einkommensklasse  in Schutz genommen.

Der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor argumentiert, dass die obere Einkommensgruppe (1%) so viel verdient, weil sie zum Output so viel beiträgt, mit dem Hinweis darauf, dass sie eine hohe marginale Produktivität hat. Das heisst im Grunde genommen, dass die 1% es verdient, was sie kriegt. Mankiw vertritt zudem die Ansicht, dass die „Geschäftschance“ (economic opportunity) in der Tat relativ ist, wenn nicht vollkommen gleich.

Es gibt hauptsächlich drei Kritikpunkte. Paul Krugman fasst sie in seinem Blog zusammen.

Auch wenn man daran glaubt, dass die glitzernden Preise (Belohnungen) an der Spitze der Einkommensgruppe fair verdient sind, wird das Ausmass der Belohnungen sehr stark von politischen Entscheidungen definiert, wie Dean Baker notiert. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Rechte an geistigem Eigentum so verteilt sind, dass grosse Belohnungen auf nur wenige Auserwählte entfallen, wobei Top-Einkommen mit einem historisch tiefen Satz besteuert werden. Auch wenn das Ganze fair ist, heisst es nicht, dass es so sein muss, ergänzt Krugman.

Der zweite Kritikpunkt betrifft die Art und Weise, wie unbekümmert Mankiw die Chancenungleichheit ausblendet. Harold Pollack verweist darauf, dass es eine sehr starke Tendenz gibt, dass die Kinder der oberen Quintil dort oben bleiben. Ein näherer Blick legt nahe, dass es nicht mit der Vererbung von guten Erben zu tun hat.



Enrichment Expenditures, Graph: Miles Corak via Paul Krugman


Samstag, 22. Juni 2013

Fed versus Politik mit Hang zum Goldstandard

Seitdem Ben Bernanke am 22. Mai die „stufenweise Rückführung“ der Käufe von US-Treasury Bonds und MBS „in den nächsten Sitzungen“ erwähnt hat, gibt es einen Schauer durch die globalen Finanzmärkte. Die Renditen der Anleihen sind fast überall auf der Welt angestiegen. Die Euphorie über „Abenomics“ scheint auch Luft abzublasen. Die Kapitalzuflüsse in die Schwellenländer richten sich plötzlich rückwärts.

Im Grunde genommen hat der Fed-Präsident gesagt, dass das Tempo der Käufe von Wertschriften in Zukunft angehoben oder abgesenkt werden könnte. Die Finanzmärkte sind aber nun so erschreckt, dass einige Politiker sich auf den Plan gerufen fühlen.

Beispielhaft sind hierbei die Bemerkungen von John Boehner über die jüngsten finanziellen Ereignisse.

Da der Republikaner zugleich der Sprecher des Repräsentantenhauses ist, ist zu erwarten, dass er sich mit einfachen ökonomischen Begriffen auskennt. Der frühere Fraktionsvorsitzende der Republikaner im US-Repräsentantenhaus hängt aber nach wie vor an einer Geschichte der Geldpolitik, die durch die Erfahrung von jeder ökonomischen Lehre des vergangenen Jahrhunderts widerlegt wurde, wie Paul Krugman in seinem Blog beschreibt.

Freitag, 21. Juni 2013

Nachfrageschwäche und wie die Wirtschaft sich verändert

Eine Lektion aus den jüngsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten war die Nützlichkeit der Geschichte. Doch Volkswirtschaften ändern sich im Verlauf der Zeit und manchmal in grundlegender Art und Weise, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne (“Profits without production”) am Freitag in NYTimes.

Was ist nun anders über Amerika im 21. Jahrhundert? Die wichtigste Antwort ist die wachsende Bedeutung von Monopoleinkünften (monopol rents): Gewinne, die den Wert der Marktbeherrschung widerspiegeln, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Man soll sich mal die Unterschiede näher ansehen, zwischen General Motors in den 1950er und 1960er Jahren und Apple heute.

Offensichtlich hatte GM in seiner Blütezeit viel Marktmacht. Dennoch kam der Wert des Unternehmens weitgehend aus seiner Leistungsfähigkeit: es besass Hunderte von Fabriken und beschäftigte rund 1% der gesamten (nicht-landwirtschaftlichen) Arbeitskräfte in den USA.

Apple hingegen scheint kaum an die materielle Welt gebunden. Es beschäftigt weniger als 0,05% der amerikanischen Arbeitskräfte. Zu einem grossen Teil ist der Preis, den man für ein iWas-auch-immer zahlt, von den Kosten der Herstellung dieses Geräts abgekoppelt. Apple stellt in Rechnung, was der Datenverkehr trägt. Und der Datenverkehr trägt eine Menge.

Krugman will hier kein moralisches Urteil vortragen. Man kann argumentieren, dass Apple seine besondere Stellung verdient hat, obwohl Krugman sich nicht sicher ist, wie viel man eine ähnliche Behauptung in Bezug auf die Finanzbranche aufstellen würde. Das Rätsel ist: Die Gewinne sind hoch. Die Fremdkapitalkosten sind niedrig. Warum sehen wir keinen Boom bei Unternehmensinvestitionen?

Aktienportfolio der SNB

Keine Frage, dass die Risikobereitschaft der Investoren bislang durch die weltweit expansive Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken beflügelt wurde. Vor diesem Hintergrund ist die Aufregung um einen Ausstieg der US-Notenbank aus der mengenmässigen Lockerung (quantitative easing) der Geldpolitik nicht ganz unlogisch. Die Aussicht auf fallende Renditen am Anleihemarkt hat Anleger dazu bewogen, mehr in Aktien zu investieren.

Anregend ist, dass auch einige Zentralbanken (Japan, Israel, Korea, Tschechien usw.) den Aktienanteil im Sog der Finanzkrise im eigenen Portfolio erhöht haben. Dazu gehört auch die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die SNB hat, wie Fritz Zurbrügg, SNB-Mitglied gestern auf einer Pressemitteilung bekannt gab, den Anteil an Aktien im ersten Quartal 2013 von 12% auf 15% erhöht hat, um das Anlagerisiko weiter zu diversifizieren.

Die Währungsreserven der SNB bestehen hauptsächlich aus Devisenanlagen und Gold. Per Ende Mai besass die SNB Devisenanlagen im Wert von 440 Mrd. CHF. Ein grosser Anteil dieser Devisenbeständen ist in Staatsanleihen oder als Guthaben bei anderen Zentralbanken angelegt: 78% am Ende des ersten Quartals 2013.



SNB Devisenbestände, Graph: Fritz Zurbrügg, Mitglied des Direktoriums der SNB

Donnerstag, 20. Juni 2013

Wie verläuft die Laufzeitprämie (term premium)?

Die SNB denkt nicht daran, über den Ausstieg zu reden. Die Risiken für die Schweizer Wirtschaft bleiben hoch und sie stammen weiterhin v.a. aus dem internationalen Umfeld. Thomas Jordan, SNB-Präsident hat heute gesagt, dass eine Abschwächung der globalen Konjunkturdynamik nicht ausgeschlossen werden kann.

In den USA hingegen ist das Wort tapering in aller Munde. Die Frage, die die Runde macht, lautet, ob die Fed bald anfangen werde, die Käufe von Wertpapieren (monatlich in Höhe von 85 Mrd. $) zurückzufahren?

Bernanke hat gestern gesagt, dass die Käufe von Anleihen (US-Treasury + MBS) bis Mitte 2014 anhalten dürfte. Eine Zinserhöhung liege noch weit in der Zukunft. Dennoch hat Fed-Chef mehr oder weniger einen harten Kurs (hawkish) vertreten, basierend auf relativ optimistischen Prognosen. Die Renditen der US-Staatsanleihen sind darauf hin gestiegen.

Interessant ist dabei die Rolle, die die Laufzeitprämie (term premium) spielt. Analysten von Morgan Stanley liefern heute die folgende Abbildung. Der Kommentar dazu lautet, dass der Anstieg der Laufzeitprämie, da die Investoren davon ausgehen, dass die Fed demnächst die sog. Punch Bowl wegnimmt, die nominalen Renditen höher schickt. Der Anleihemarkt sei wegen der niedrigen Laufzeitprämie ohnehin anfällig gewesen.



Laufzeitprämie (term premium), Graph: Hans Redeker, Morgan Stanley

SNB hält am Mindestkurs fest

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat heute im Rahmen der geldpolitischen Lagebeurteilung den Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR bekräftigt. Der Franken bleibt nach wie vor hoch bewertet. Eine Aufwertung des CHF würde die Preisstabilität gefährden und hätte schwierige Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Die SNB stehe bereit, den Mindestkurs wenn nötig durch den Kauf von Devisen in unbeschränkter Höhe durchzusetzen, lautet in der Pressemitteilung.

Die SNB hat zudem das Zielband für den 3-Monats-Libor bei 0%-0,25% belassen. Bemerkenswert ist, dass die SNB nun eine leicht tiefere Inflation von minus 0,3% für 2013 erwartet.

Die Risiken für die Schweizer Wirtschaft bleiben hoch. Sie stammen weiterhin v.a. aus dem internationalen Umfeld, erklärt die SNB. Darüber hinaus betrachtet die SNB die tiefe Zinsen als Gefahr, dass die Ungleichgewichte am schweizerischen Hypothekar- und Immobilienmarkt zunehmen.


SNB Prognose für

Inflation
2013: -0,3%
2014: 0,2%
2015: 0,7%

Wirtschaftswachstum (BIP)
2013: 1%-1,5%



Schweiz - Inflationsprognose, Graph: SNB in: Geldpolitische Lagebeurteilung vom 20. Juni 2013

Mittwoch, 19. Juni 2013

Ist Inflation ein Wild Card?

Während die Renditen der US-Staatsanleihen in den vergangenen Wochen in Folge der Tapering-Debatte angestiegen sind, deuten die aktuellen Inflationsdaten darauf hin, dass das Inflationsziel (2%) nach wie vor unterboten wird. Die Inflation bleibt zu niedrig, was nahelegt, dass die Fed das Anleihekauf-Programm noch fortsetzen kann, wie Ben Bernanke heute im Anschluss der Zinsentscheidung bekannt gab.

Der amerikanische Konsumentenpreisindex (CPI)  im Mai: Allgemeine Inflation: 0,1% (1,4% annualisiert) und Kern-Inflation 0,2% (1,7% annualisiert).

Einige Fed-Funktionäre haben sich in den vergangenen Monaten zu Wort gemeldet, dass die Fed damit beginnen soll, die Anleihekäufe zu reduzieren. Begründung: Die Konjunkturdaten verbessern sich. Daher seien keine geldpolitischen Impulse mehr nötig.

Die Fed versucht, mit der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) v.a. die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve zu drücken. Ziel ist, die Schuldenlast abzumildern. Unternehmen, die sich aufgrund der schwachen Nachfrage zurückhalten, sollen dadurch zu Investitionen animiert werden. Und Anleger sollen in riskantere Anlagen umschichten. So soll der Konsum via Vermögenseffekt angekurbelt werden.

Die Tatsache, dass die Inflation unter dem Zielwert verbleibt, schafft keine Abhilfe, die Unsicherheit über den weiteren Kurs der Geldpolitik abzubauen, wie WSJ berichtet.


Allgemeine Inflation und Kerninflation PCE, Graph: Prof. Tim Duy

Wo der Markt versagt

Freie und nicht-regulierte Märkte sind nicht immer die Antwort. Es ist wahr, dass wettbewerbsorientierte Märkte wünschenswerte Eigenschaften haben. Aber es müssen dafür spezielle Bedingungen vorhanden sein, damit sich wettbewerbsfähige Märkte entwickeln können. Wenn diese Bedingugnen nicht erfüllt sind, wie es oft der Fall ist, dann können freie Märkte schlecht abschneiden, schreibt Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel („7 important examples of how market can fail“) in The Fiscal Times.

In diesen Fällen können staatliche Interventionen die Widrigkeiten aufheben und dazu führen, dass die Märkte sich dem Ideal des Wettbewerbs nähern. Der an der Oregon University lehrende Wirtschaftsprofessor nennt 7 konkrete Fälle, wo der Markt versagen kann.

(1) Altersabsicherung: Das wichtigste Versagen in Sachen Altersabsicherung ist Moral Hazard. Es geht um Menschen, die für den Ruhestand nicht sparen wollen, weil sie denken, dass eine mitfühlende Gesellschaft dafür sorgen würde, dass sie überleben. Die Lösung ist, die Menschen zu zwingen, jeden Monat dafür etwas zu zahlen, auch wenn es die Aufwendungen im Alter nicht vollständig deckt. Zumindest wird dazu etwas beigetragen. In den USA heisst das System Social Security.

(2) Gesundheitsfürsorge: Es gibt hier zwei wichtige Arten von Marktversagen. Das erste ist Moral Hazard wie im Fall von Altersabsicherung. Wenn die Menschen wissen, dass die Gesellschaft helfen würde, wenn sie sich ein Glied brechen, und so weiter, und wenn sie immer in die Notaufnahme gehen können, auf Kosten von anderen, würden viele keine Krankenversicherung abschliessen. Obamacare will hierbei eine Abhilfe schaffen: Alle werden gezwungen, einer Krankenkasse beizutreten.

Dienstag, 18. Juni 2013

Strukturreform in Europa ist eine faule Ausrede

Paul Krugman trifft den Nagel auf den Kopf. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor schreibt in seinem Blog, was in Europa unter „Strukturreform“ zu verstehen ist: Die Beseitigung des Arbeitnehmerschutzes und/oder scharfe Kürzung der Sozialleistungen.

Aber die Hauptsache über „Strukturreform“ in Europa ist die Rolle, die die „Reform“ in der Diskussion über die makroökonomische Politik spielt.

Anstatt über die Fakten nachzudenken, dass Europa seit 5 Jahren nach dem Beginn der Krise immer tiefer in Depression versinkt und weniger Austerität benötigt und mehr aggressive monetäre Expansion, sprechen die europäischen Entscheidungsträger über die Notwendigkeit von Strukturreformen.

Synthetische CDOs vor dem Comeback?

Zwei amerikanische Investment-Banken haben neulich versucht, den Markt für synthetische CDOs (die berüchtigte Kredit-Boom-Ära) wiederzubeleben. Der Versuch ist jedoch gescheitert, da die Investoren auf das Angebot nicht eingegangen sind. JPMorgan Chase and Morgan Stanley haben den Plan „synthetic collateralised debt obligations“ aufgegeben, wie Tracy Alloway in FT berichtet.

CDO ist ein Wertpapier, welches Unternehmensanleihen und Kredite bündelt und daraus verschiedene Tranchen mit unterschiedlichen Bonitäten umformt und an verschiedene Investoren verkauft.

Synthetische CDO ist ein Wertpapier, welches versicherungsähnliche Derivate-Kontrakte (d.h. CDS), die auf diese Anleihen und Krediten basieren, bündelt und an verschiedene Investoren verkauft.

Während bei CDO die Kredite als Sicherheit hinter den einzelnen Tranchen (Scheiben) stehen, sind es bei synthetic CDO die CDS (credit default swaps), die diese Rolle übernehmen.

Die Banken haben auf dem Höhepunkt der Kredit-Blase im Jahr 2006 nach Angaben der Kommission, die von der US-Regierung eingesetzt wurde, um die Krise zu untersuchen, synthetische CDOs im Wert von 61 Mrd. $ verkauft.

Die neuen Derivate hätten drei Arten von Tranchen (d.h. Risikoprofil): eine „senior piece“, die als weniger riskant eingestuft wird als die „mezzanine piece“ (d.h. die mittlere Scheibe) und eine „equity piece“ mit einem schlechteren Kreditrating, die aber die höchste Rendite bietet. Die traditionellen Käufer der Senior-Tranche sind offenbar verschwunden. Das Geschäft sei daran gescheitert, einen angemessenen Preis für die Senior-Tranche zu finden.

Die Banken bemühen sich nun, synthetische CDOs mit „single tranche“ nach Kundenwünschen anzupassen. In einer solchen Transaktion werden i.d.R. die „equity“ Tranche eines Derivate-Portfolios an einen Hedge Fonds verkauft, wobei der Fonds für einen Teil des Verlustes eine Garantie abgibt, damit die Bank am regulatorischen Kapital für dieses Portfolio „sparen“ kann.

Negativzinsen für Einlagen der Banken bei der EZB

Der Satz für die Einlagefazilität der EZB liegt derzeit bei null Prozent. Das heisst, dass die Banken, die bei der EZB via deposit facility Geld parken, keinen Zins bekommen. Seit Wochen steht die Möglichkeit der Einführung negativer Zinsen auf die Einlagen der Geschäftsbanken zur Diskussion. Die Hoffnung beruht darauf, die Banken durch die negative Verzinsung der Einlagen bei der EZB zur Kreditvergabe zu animieren. Die Einlagen der Banken bei der EZB belaufen sich zur Zeit auf rund 90 Mrd. Euro.

Da die bisherigen Erfahrungen in anderen Ländern nicht ganz eindeutig sind, lohnt es sich, einen Blick auf eine von Elga Bartsch, Morgan Stanley gestern vorgelegten Forschungsarbeit, wo die Auswirkungen von Negativzinsen analysiert werden, zu werfen.

In den Geldmärkten würde der EONIA Satz (der Tagesgeldsatz, zu dem die Banken einander über Nacht – unbesichert- Geld leihen) ins Negative fallen. Papiere mit kurzen Laufzeiten aus Deutschland oder anderen Kern-Ländern würden möglicherweise auch zu negativen Sätzen gehandelt. Der Euribor und der Einlagesatz für Einzelkunden würden aber wahrscheinlich nicht unter die Null-Marke sinken.

Die Liquidität im Markt dürfte schrumpfen. Da die Zinsen nahe Null-Grenze (zero lower bound) liegen, ist seit geraumer Zeit zu beobachten, dass einige Geldmarkt-Fonds geschlossen werden. Die japanische Erfahrung deutet darauf hin, dass die Liquidität v.a. am kurzen Ende der Ertragskurve zurückgehen dürfte.

Montag, 17. Juni 2013

Was bedeutet der Renditeanstieg am Anleihemarkt?

Die Erwartung, dass die Fed demnächst damit beginnen würde, die Ankäufe von Staatsanleihen am offenen Markt zurückzufahren (tapering), hängt zur Zeit wie Damoklesschwert über dem Bond-Markt.

Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist seit Mai um 56 Basispunkte gestiegen, während die Breakeven-Sätze (Inflationserwartungen) stark gesunken sind. Der Anstieg der Realsätze deuten i.d.R. auf Normalisierung in der Wirtschaft hin, wie Gavyn Davies in seiner Kolumne („What the bond market is telling the Fed“)  in FT hervorhebt.

Was eine Herausforderung darstellt, ist jedoch der Rückgang der Inflationserwartungen. Der von der Fed bevorzugt beobachtete core PCE Index ist im April auf 1,0% gefallen, was im Hinblick auf Deflation Alarm auslösen müsste. Doch abgesehen von James Bullard hat bisher kein geldpolitischer Entscheidungsträger Bedenken zum Ausdruck gebracht.

Eine weitere beunruhigende Nachricht aus dem Anleihemarkt ist, inwiefern der Anstieg der Renditen von dem Anstieg der erwarteten kurzfristigen Zinsen getragen wird statt von der Laufzeitprämie: mehr von kurzfristigen Zinsen als von Laufzeitprämie (term premium).

Das ist laut Davies bestimmt nicht im Sinne der Fed, die neulich vor „tapering“ gewarnt  hat, da der Markt damit den ersten erwarteten Anstieg der kurzfristigen Zinsen mit Bezug auf die Fed Funds Rates vorzieht. Mit anderen Worten sieht es heute so aus, wie wenn die Marktteilnehmer die erste Zinserhöhung Mitte 2014 erwarten würden statt wie bisher Mitte 2015. Das heisst viel früher als Ben Bernanke es vorhat.

Haushaltsdefizit vs Massenarbeitslosigkeit – Zukunft vs Gegenwart

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist i.d.R. als Zuchtmeister für die Regierungen bekannt, die mit dem Haushalt verschwenderisch umgehen.

Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Washington hat jedoch vergangene Woche argumentiert, dass der Sequester (Budgetkürzungen) und andere Formen von Haushaltskonsolidierung dafür verantwortlich sind, dass das US-Wirtschaftswachstum um fast die Hälfte reduziert wird, womit eine sonst ziemlich kräftige Erholung der Wirtschaft untergraben wird. Die genannten Ausgabenkürzungen sind unklug und unnötig, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Fight the Future“) am Montag in NYTimes dazu.

Leider ist es dem IWF offenbar nicht gelungen, die Gespräche über die Austeritätsmassnahmen, die als Ausdruck der Ernsthaftigkeit in der Weltpolitik betrachtet werden, zu brechen. Während uns noch nahegelegt wird, vorerst grössere Defizite einzufahren, fordert IWF-Chefin Christine Lagard, dass wir uns beeilen, einen mittelfristigen Fahrplan zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentliche Finanzen zu schmieden, legt Krugman dar.

Die Frage ist aber, warum müssen wir uns beeilen? Ist es dringend notwendig, dass wir uns jetzt schon darüber einigen, wie wir die fiskalischen Themen in den 2020er oder 2030er Jahren und darüber hinaus anpacken? Nein, es ist es nicht, unterstreicht der an der University of Princeton lehrende Wirtschafts Professor.

In der Praxis führt der Fokus auf „langfristige fiskalische Nachhaltigkeit“ hauptsächlich zu „Reformen“ über Sozialhilfen, d.h. zu Kürzungen von Social Security und anderen Programmen. Es hat mit Verantwortlichkeit nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Es ist eine Ausrede, sich davor zu drücken, die schweren wirtschaftlichen Problemen, mit denen wir heute konfrontiert sind, anzupacken.

Samstag, 15. Juni 2013

EZB und fiskalische Auswirkungen von OMT

Die EZB ist an den EU-Vertrag gebunden und unterliegt damit nicht dem deutschen Grundgesetz. Dennoch hat sich das Bundesverfassungsgericht in einer zweitägigen Verhandlung mit der Frage befasst, ob das OMT-Programm (Anleihekauf) der EZB gegen den Artikel 123 („Verbot der monetären Staatsfinanzierung“) des Vertrags über die Arbeitsweise der EU verstösst.

Die Kläger (politische Gruppen, Professoren und Politiker mit Sitz im Parlament) behaupten, dass die EZB mit dem Ankauf von Staatsanleihen nicht nur Geld-, sondern auch Fiskalpolitik betreibe.

Paul De Grauwe erläutert in einem lesenswerten Artikel („Fiscal implications of the ECB’s bond-buying programme“) gemeinsam mit Yuemei Ji in voxeu die fiskalischen Auswirkungen der Anleihekäufe durch die EZB.

Eine der wichtigsten Lehren aus der Finanzkrise von 2008 ist, dass die Banken über mehr Eigenkapital verfügen müssen. Die Aufsichtsbehörden plädieren deswegen für strengere Eigenmittelvorschriften. Zugleich gibt es aber im Sog der Eurokrise Befürchtungen, dass die EZB demnächst negatives Eigenkapital ausweisen würde: Die EZB müsste rekapitalisiert werden und die Verluste müssten von der Öffentlichkeit getragen werden.

Eine Zentralbank ist aber mit einer Geschäftsbank oder einem privaten Unternehmen nicht zu vergleichen. Notenbanken können nicht illiquid werden. Die Handlungsfähigkeit einer Zentralbank wird nicht eingeschränkt, wenn ihr Eigenkapital vorübergehend negativ wird. Eine Zentralbank hat aufgrund ihres Notenmonopols gegenüber anderen Unternehmen einen Finanzierungsvorteil.

Freitag, 14. Juni 2013

IWF sieht Fehler ein: Was ist mit der EZB?

Der IWF hat in einem in der vergangenen Woche vorgelegten Bericht („Greece: Ex Post Evaluation“) über die Massnahmen zur Rettung Griechenlands Fehler eingeräumt. Die IWF-Analysten weisen im Bericht auf die Mängel des Massnahmen-Pakets für Griechenland hin, die im Blog NMTM nun kurz und prägnant zusammengefasst wurden.

Es fragt sich aber, warum die EU bzw. die EZB nicht bereit sind, Fehler einzugestehen. Schliesslich besteht die Troika aus dem IWF, der EU und der EZB. Die harsche Austeritätspolitik ist kläglich gescheitert. Es wurde eindeutig mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet.

Was sich im Jahr 2010 in Sachen Griechenland abgespielt hat, ist andererseits nicht nur für die Eurozone entscheidend, sondern auch für Grossbritannien und die USA, bemerkt Simon Wren-Lewis in  seinem Blog. Es gab zwei mögliche Antworten auf die wahren Zahlen der fiskalischen Situation Athens, hebt der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor: Schuldenerlass und Zahlungsausfall (default). 

Vor allem die Banken haben sich gegen den Fall „default“ gestellt, mit Druck auf die Politik, sodass am Ende zu einer Übertragung eines grossen Anteils der griechischen Schulden aus dem privaten Sektor an den öffentlichen Sektor im Rest der Eurozone gekommen ist. Und eine lähmende Austeritätspolitik wurde Griechenland aufgezwungen.

Kapital, Arbeit und Fertigkeiten

Was ist zu tun, wenn der Anteil des Faktors Arbeit am Einkommen abnimmt? Genau mit dieser Frage befasst sich Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne (“Sympathy for the Luddites”) am Freitag in NYTimes.

Im Jahr 1786 gaben die Tuchmacher von Leeds, einem Wolle-Industrie-Zentrum im Norden Englands einen Protest gegen die zunehmende Nutzung von „Kritzel“-Maschinen, die die Aufgabe übernahmen, die früher von Fachkräften durchgeführt wurde. Wie sollen die Männer, die nun aus der Beschäftigung hinausgeworfen werden, ihre Familien versorgen?“, fragten die Bittsteller. Und wo sollen sie nun ihre Kinder als Lehrling einsetzen?

Das waren keine dummen Fragen, beschreibt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Mechanisierung hat schliesslich zu einem breiten Anstieg des britischen Lebensstandards geführt. Aber es ist alles andere als klar, ob typische Arbeitnehmer in den frühen Phasen der industriellen Revolution einen Nutzen erlangten. Viele Arbeiter waren eindeutig betroffen. Und die Arbeitnehmer, die betroffen waren, waren oft diejenigen, die mit Mühe erworbene wertvolle Fähigkeiten hatten, um jetzt zu sehen, dass diese Fertigkeiten plötzlich abgewertet wurden, schildert Krugman weiter.

Leben wir also heute in einer anderen solchen Ära? Das McKinsey Global Instiute hat vor kurzem einen Bericht („Disruptive technologies. Advances that will transfor life, business, and the global economy“) über ein Dutzend wichtige neue Technologien veröffentlicht, welche als „disruptiv“ beschrieben werden, und einige der Opfer die Arbeitnehmer sein dürften, die heute als hochqualifiziert gelten.

Donnerstag, 13. Juni 2013

Mario Draghi und EZB im Wunderland

Mario Draghis Pressekonferenz vom 06. Juni 2013 war facettenreich. Der EZB-Präsident hat am vergangenen Donnerstag vor Journalisten erklärt, dass folgende Faktoren für „die Erholung der Wirtschaft in der Eurozone“ verantwortlich sind: (1) Ausfuhren, v.a. in Deutschland, Spanien und Italien, (2) die akkommodierende Geldpolitik der EZB, die „allmählich ihren Weg durch die Volkswirtschaften“ finden werde, (3) die niedrige Inflation, die die Kaufkraft der Menschen steigere und (4) der sog. Vermögenseffekt (wealth effect).

Heiner Flassbeck befasst sich in seinem Blog ausführlich mit Vorurteilen und Missverständnisssen der EZB. Ich möchte hier versuchen, die scharfsinnige Analyse von Flassbeck kurz zusammenzufassen.

Ad 1) Draghi hebt insbesondere die Exportstärke Deutschlands hervor. Deutschlands Exportstärke in der EWU bedeutet aber Exportschwäche im Rest der EWU. Denn in einem Währungsraum mit einer gemeinsamen Währung gilt, dass die Ausgaben des einen die Einnahmen des anderen sind. Darüber verliert Draghi jedoch kein Wort. Bemerkenswert ist, dass die EZB auf den Export setzt, weil im Binnenmarkt offenbar nichts geht. Das heisst, wenn das Ausland ein Konjunkturprogramm à la Keynes umsetzt, um die schwache gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln, will die Eurozone gern davon profitieren. Selbst lehnt sie aber die Ankurbelung der Nachfrage in der EWU mit Fiscal Stimulus strikt ab.


Reallöhne und Arbeitslosigkeit in Südeuropa, Graph: Prof. Heiner Flassbeck

Rufe nach Inflation und Hamsterrad Economics

An der Ausweitung der Notenbankgeldmenge (Notenumlauf + Giroguthaben der inländischen Banken bei der Zentralbank) scheiden sich die Geister. Vor allem Mainstream-Ökonomen nehmen die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE-Policy: quantitative easing) zum Anlass, in Sachen Inflation ständig den Teufel an die Wand zu malen.

Die Anleihekäufe der Fed (oder die Devisenkäufe der SNB) haben zu einer starken Ausdehnung der Giroguthaben der Banken bei der Notenbank geführt. Die Geldmenge in den Händen der privaten Haushalte und Unternehmen ist aber nicht so kräftig gestiegen. Warum? Weil die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes sich verlangsamt hat. Der sog. Geldmultiplikator ist nämlich regelrecht eingebrochen. Warum? Weil die Banken aus Vorsichtsgründen liquide Mittel zurückhalten. Und folglich entsteht keine Geldschöpfung durch Kreditvergabe.

Die Geldpolitik greift nicht, weil der nominale Zins bereits auf der Null-Grenze (zero lower bound) angekommen ist. Wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, gelangt das Geld nicht in den Wirtschaftskreislauf. Die Produktionslücke (output gap) bleibt weit geöffnet, weil die Produktionskapazität aufgrund der schwachen Nachfrage unterausgelastet ist. Das Wirtschaftswachstum dümpelt vor sich hin. Trotz des Anstiegs der Notenbankgeldmenge (monetary base) verharrt die Inflation unter dem Zielbereich der Zentralbanken. Die Kerninflation ist in der Schweiz sogar negativ, und zwar seit mehr als 20 Monaten in Folge.



Notenbankgeldmenge und Konsumentenpreis-Index, Graph: Prof. Paul Krugman

Mittwoch, 12. Juni 2013

Finanzialisierung als Ursache von Einkommensungleichheit

Ökonomen suchen Antworten auf die Frage, warum die Erholung der amerikanischen Wirtschaft so träge passiert. Einige richten das Augenmerk nach dem Thema „financialization“ (Finanzialisierung). Unter „financialization“ versteht man den wachsenden Anteil des Finanzsektors am BIP (Wirtschaftsleistung).

Finanzialisierung ist zugleich ein wichtiger Faktor für das Wachstum der Einkommensungleichheit, bemerkt Bruce Bartlett in einem lesenswerten Artikel („Financialization as cause of economic malaise“) in NYTimes. Der ehemalige Berater der Reagan und George W. Bush Regierungen deutet dabei auf mehrere aktuelle Forschungspapiere hin.

Özgür Orhangazi von der Roosevelt University hat z.B. festgestellt, dass die Investitionen in der Realwirtschaft abnehmen, wenn die Finanzialisierung ansteigt. Darüber hinaus reduzieren steigende Gebühren für die nicht-finanzielle Unternehmen in den Finanzmärkten die verfügbaren internen Mittel für Investitionen und verkürzen den Planungshorizont, was die Unsicherheit erhöht.

Adair Turner, der ehemalige Finanzmarkt-Regulierer aus Grossbritannien sagt, dass es keinen eindeutigen Beweis dafür gibt, dass das Finanzsystem, was die Grösse und Komplexität angeht, in den fortentwickelten Industrieländern in den letzten 20 bis 30 Jahren das Wachstum oder die Stabilität angetrieben hätte. Er legt nahe, dass die Gewinne des Finanzsektors vielmehr in Form von ökonomischen Renten (economic rents) erfolgen als Erträge von grösserem ökonomischen Wert.


Finanzialisierung: der wachsende Anteil des Finanzsektor am BIP, Graph: Bruce Bartlett in NYTimes

Ratingagenturen und Finanzmärkte

Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat am Montag den Ausblick für die Kreditwürdigkeit der USA von „negativ“ auf „stabil“ heraufgestuft. Amerikas Kreditwürdigkeit wird weiterhin mit der Bonität „AA“ bewertet. Deutschland hat die Top-Bonität „AAA“.

Wie reagieren die Finanzmärkte nun? Antwort: business as usual, d.h. wie üblich, nicht besonders positiv oder negativ. Im Grunde genommen hatten die Finanzmärkte vor rund zwei Jahre (im August 2011) auf den Entzug des Top-Ratings „AAA“ durch die S&P kaum negativ reagiert wie in der Abbildung anhand des Verlaufs der Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit zu sehen ist. Das Rendite-Niveau müsste steigen, wenn die Analyse der S&P zuträfe.

Jared Bernstein meint dazu in seinem Blog, dass die Märkte die Nachricht abschütteln, weil (a) die Herabstufung schon damals keinen Sinn gemacht hatte und (b) die Ratingagenturen sich während des Aufbaus der Schulden-Blase (am Immobilienmarkt) nicht differenziert äusserten.

Heute kommt die Heraufstufung der Bonität. Aber die Finanzmärkte reagieren darauf nicht: Die Nicht-Information wird einfach ignoriert. Die Ratingagenturen sollen eigentlich ein asymmetrisches Informationsproblem lösen. Die Käufer sind nämlich über die Vermögenswerte nicht so gut informiert wie die Verkäufer. Wenn aber niemand Ratingagenturen Vertrauen schenkt, wozu dienen sie?



Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit im Lichte der Bonitätsbewertung, Graph: Jared Bernstein

Mindestkurs ist kein „Währungskrieg“

Wenn man von Währungskriegen („currency wars“) spricht, meint man Abwertungswettlauf („competitive devaluation“), schreibt Jeffrey Frankel in einem informativen Artikel („All Quiet on the Currency Front“) in Project Syndicate.

Im Zuge der starken Abwertung des Yen in den letzten sechs Monaten dürfte das Thema auf der Tagesordnung des kommenden G8-Gipfel Treffens in Nordirland voraussichtlich prominent sein, unterstreicht der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor. Sollte es aber?

Nach Angaben des IWF (Art. 4) liegt Abwertungswettlauf vor, wenn Länder Wechselkurse „manipulieren“, um einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Mitgliedern zu erlangen. Aber ein wesentlicher Punkt wird häufig übersehen, wenn der Begriff Währungskrieg sich auf die geldpolitische Lockerung (monetary expansion) durch z.B. die Fed, Bank of Japan oder eine andere Notenbank bezieht, hebt Frankel hervor. Begründung: Die Auswirkungen der geldpolitischen Impulse auf die Handelsbilanz (und damit auf die Nachfrage nach Waren der Handelspartner) eines Landes sind vieldeutig. Der Ausdruck „Währungskriege“ trifft eher zu, wenn Länder intervenieren, um die eigene Währung absichtlich abzuwerten, um die Handelsbilanz zu stützen, argumentiert Frankel.

Es war Brasiliens Finanzminister Guido Mantega, der den Begriff „Währungskriege“ geprägt hat. Die Vorwürfe an die USA sind aber laut Frankel besonders fehl am Platz, da die monetäre Expansion durch die Fed zur globalen Lockerung der Geldpolitik beigetragen hat, wo es notwendig war.