Mittwoch, 26. Februar 2014

Fed zwischen Geldpolitik und Finanzstabilität

Fed Governeur Daniel Tarullo hat in einem beachtenswerten Vortrag („Monetary Policy and Financial Stability“) in Virginia kürzlich die Frage der finanziellen Stabilität in Angriff genommen.

Vor der Finanzkrise von 2008 galt unter Zentralbanken die Ansicht, dass die Finanzstabilität nicht ein explizites Anliegen der Geldpolitik ist. Nun gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber. Die Finanzstabilität soll genauso viel Relevanz geniessen wie die Ziele der Preisstabilität und der maximalen Beschäftigung.

Die meisten Notenbanker wollen aber die beiden Ziele „Finanzstabilität und Preisstabilität“ getrennt halten. Der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke hat einst argumentiert, dass die Finanzkrise nicht durch die niedrigen Zinsen der Fed verursacht worden ist.

Wenn eine neue Blase entsteht, sollen die Zinsen nicht verwendet werden, um sie platzen zu lassen. Die erste Linie der Verteidigung gegen einen financial boom sind laut Bernanke macro prudential-Instrumente (wie z.B. Regulierung), nicht höhere Zinsen, die die gesamte Wirtschaft sonst schädigen würden.

Die Fed hat bekanntlich beschlossen, die Zinsen bis Mitte 2015 niedrig zu halten. Die Sorge ist, dass eine so lange Zeitperiode der niedrigen Zinsen eine asset bubble ähnlich dem Immobilienboom im vergangenen Jahrzehnt anheizen könnte. Und die Abwicklung einer Blase würde wahrscheinlich auch sehr unangenehm sein.

Wie soll aber die Fed die Finanzstabilität schützen? Tarullo hält es für wichtig, zu beachten, dass die Integration der Überlegungen in Sachen Finanzstabilität in die geldpolitischen Entscheidungen nicht unbedingt ein zusätzliches Mandat für die Notenbank bedeute.

Der potenzielle Einfluss auf die Preisstabilität und die Beschäftigung im Zusammenhang mit der Finanzstabilität biete laut Tarullo reichlich Rechtfertigung. Die Identifizierung von systemischen Risiken insbesondere der Entstehung von Spekulationsblasen ist jedoch keine einfache Übung.

Die Fed schenke Märkten auf der Suche nach Stabilität-Risiken aktiv Aufmerksamkeit. Tarullo verweist hierbei auf neue makroprudenziellen Bemühungen der US-Notenbank, wie Tim Duy in seinem Blog die Einzelheiten mit eigenen Kommentaren erläutert.

Zur Zeit erfahren high-yield-Unternehmensanleihen und leveraged-loan-Fonds starke Zuflüsse, was nahelegt, dass Investoren sich für riskante Anleihen interessieren, während aber underwriting-Standards sich verschlechtern, was in Grunde genommen auf die Möglichkeit von hohen Verlusten in Zukunft hinweist.

Die Fed habe sich bisher laut Tarullo auf die Aufsichtsbehörden verlassen. Das Office of the Comptroller of the Currency (OCC) und die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) stellten zuletzt im März 2013 einige aktualisierte Leitlinien für leverage lending in den USA vor.

Tarullo ist sich jedoch bewusst, dass erhöhte Regulierungstätigkeit veranlassen kann, dass gewisse Aktivitäten sich in den Schattenbanken-Bereich (shadow banking) verlagern, dort, wo die Bedrohung der finanziellen Stabilität exponentiell wachsen kann, ohne Regulierung. Die Fed hütet sich deshalb vor plumper Regulierungsaktivität.

Tarullo spricht ferner auch Massnahmen mit „zeitlich unterschiedlichem Vorgehen“ (time-varying policies) an, wie z.B. „loan-to-value“-Anforderungen.

Solche Massnahmen können den Prozess der Entwicklung einer Vermögensblase abbremsen und zusätzliche Zeit für die Notenbanker gewähren, darüber nachzu denken, ob die Situation eine Anpassung der Geldpolitik erfordert oder nicht. Doch bleibt Tarullo ein Realist. Er legt nicht so viel Wert auf die Wirksamkeit von makroprudenziellen Massnahmen. Die alternativen Instrumente haben Limiten, legt er dar.

Die direkten geldpolitischen Massnahmen sollen aber in solchen Situationen nicht ganz ausgeschlossen werden. Derzeit sehe er keine Notwendigkeit, die Geldpolitik anzupassen. 

Die Fed soll aber einen Rahmen entwickeln, wo mehr analytische als instiktive Entscheidungen getroffen werden können, wenn es um mögliche Kompromisse (trade-offs) zwischen verbesserter Finanzstabilität und reduzierter Wirtschaftstätigkeit geht. Das dürfte jedoch eine intellektuell anspruchsvolle Aufgabe sein, was nicht unbedingt eine Änderung der Geldpolitik zu Folge hätte.

Fazit: Die Fed sucht weiterhin die Rolle der Geldpolitik zu erkunden, um Vermögensblasen Stirn zu bieten, wie Tim Duy als Fazit festhält. Die erste Option bleibt aber allem Anschein nach der Einsatz von makroprudenziellen Massnahmen. Die Fed-Mitarbeiter denken, dass sie die Zeit haben, solche Instrumente zu entwickeln, wie z.B. die ausgeweitete Fed-Bilanz wieder zurückgefahren werden kann.

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