Dienstag, 25. November 2014

Wenn die Wirtschaft an die Nullzinsgrenze gerät

Vor sechs Jahren ist die US-Notenbank an die Nullzins-Grenze geraten, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Rock Bottom Economics“) am Montag in NYTimes.

Die Fed hat die Zinsen mehr oder weniger verzweifelt gesenkt, in einem erfolglosen Versuch, die Rezession und die Finanzkrise zu bekämpfen. Aber sie hat einen Punkt erreicht, wo es nicht mehr geht, weil die Zinsen nicht unter null fallen können.

Alles ändert sich, wenn die Wirtschaft auf dem absoluten Tiefpunkt ankommt. Aber niemand mit Autorität hätte daran denken wollen, beschreibt der am Graduierten-Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor.

Was meint Krugman aber damit, dass sich alles ändert?

Gemeint ist, dass die üblichen Regeln der Wirtschaftspolitik nicht mehr gelten, wenn die Volkswirtschaft sich nahe an der Nullgrenze (zero lower bound) befindet. Die Ausgaben des Staates konkurrieren dann nicht mit privaten Investitionen. Ganz im Gegenteil fördern sie die Unternehmensausgaben tatsächlich.

Zentral-Banken, die i.d.R. ein Bild des strengen Inflationsbekämpfers kultivieren, haben in dieser Situation genau das Gegenteil zu tun, um die Märkte zu überzeugen. Das heisst, dass sie Inflation höher treiben müssen. Struktur-Reformen, die im Grunde genommen dazu beitragen sollen, Löhne leichter zu senken, zerstören Arbeitsplätze, statt welche zu schaffen.

Das mag sich vielleicht wild und radikal anhören. Aber es ist das, was die Mainstream-Wirtschaftsanalyse uns erklärtt, was passiert, wenn die Zinsen auf der Null-Grenze aufprallen. Und es ist auch das, was die Geschichte uns erzählt: die US-Wirtschaft in den 1930er Jahren und die japanische Wirtschaft in den 1990er Jahren. Aber wie gesagt, niemand hat es glauben wollen, so Krugman weiter.

Entscheidungsträger und die Very Serious People (VSP) lassen sich lieber vom Bauchgefühl leiten als von umsichtiger Wirtschaftsanalyse.

Man erzählt uns, dass die Haushaltsdefizite unser dringendstes wirtschaftliches Problem sind und dass die Zinssätze durch die Decke schiessen würden, wenn wir nicht sofort harsche Sparmassnahmen (Fiscal Austerity) treffen.

Die Forderungen, dass wir die Staatsausgaben jetzt unbedingt kürzen müssen, haben Millionen von Arbeitsplätzen gekostet und die Infrastruktur schwer beschädigt, so Krugman.

Man hat uns immer wieder gesagt, dass printing money zu Währungsentwertung und zu Inflation führen würde. Die Fed hat dem politischen Druck widerstehen können. Aber die anderen Notenbanken nicht.

Ist aber das Zeitalter von Depressionen nicht vorbei? Zählen Sie nicht darauf, erwidert Krugman. Die nicht-gängigen Realitäten der Wirtschaftspolitik auf der Nullzinsgrenze dürften noch eine lange Zeit bestehen bleiben, was die Tatsache unterstreicht, damit die Entscheidungsträger es endlich einsehen müssen. Leider ist es aber bei vielen einflussreichen Menschen mit Entscheidungsbefugnis nicht der Fall.

Einer der bemerkswertesten Aspekte der wirtschaftlichen Debatte in den vergangenen Jahren war, in wieweit die Wirtschaftstheorie der einen Schule den Realitätstest nicht bestanden hat und die Vertreter dieser Konzeption sich immer noch weigern, Fehler einzuräumen, geschweige denn, daraus was zu lernen. Das verheisst nichts Gutes für die Zukunt, hält Krugman als Fazit fest.





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