Freitag, 2. Januar 2015

Die zunehmende Ungleichheit und das Tal der Verzweiflung

Im Jahr 2014 hat steigende Ungleichheit in fortgeschrittenen Nationen endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdient, erreicht, wie Thomas PikettysCapital in the Twenty-First Century“)  zeigt, das zum überraschenden Best-Seller Buch wurde, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Twin Peaks Planet“) am Freitag in NYTimes.

Es ist zwar eine Geschichte über die Entwicklung innerhalb der Nationen. Aber es  im Grunde genommen noch besser, Pikettys Analyse mit einer globalen Sicht zu ergänzen, so Krugman weiter.

Dazu liefert der am Graduierten-Zentrum der City University New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor die folgende Abbildung von Branko Milanovic.

Was aus diesem bemerkenswerten Chart hervorgeht, ist, dass das Einkommenswachstum seit dem Fall der Berliner Mauer sich in eine „Twin Peaks“-Geschichte gewandelt hat: Einkommen an der Spitze ist kräftig gestiegen; das heisst, dass die Weltelite  immer reicher wird. Aber es gab auch einen riesigen Zuwachs in der „globalen Mitte“ (global middle), weitgehend in Chinas und Indiens Mittelschicht.

Die schlechte Nachricht ist aber, dass zwischen den Doppelspitzen (Twin Peaks) ein Tal der Verzweiflung liegt: Einkommen für die Arbeitnehmer in den fortgeschrittenen Ländern wuchs zu langsam, wenn überhaupt.

Darüber hinaus ging das steigende Einkommen an der Spitze, zu einem grossen Teil, zu Lasten derjenigen ganz unten, und zwar durch Lohnkürzungen, den Abbau der Sozialleistungen, die Zerkleinerung der Gewerkschaften und die Umleitung der nationalen Ressourcen zugunsten von Machenschaften der Finanzwelt.



Wachstum der Realeinkommen in verschiedenen Perzentilen der globalen Einkommensverteilung, Graph: Branko Milanovic via Prof. Paul Krugman

Was vielleicht noch wichtiger ist die weitaus unverhältnissmässige Einflussnahme der Reichen auf die Politik. Die Prioritäten der Eliten (obsessive Befassung mit Haushaltsdefiziten, was mit der vermeintlichen Notwendigkeit, soziale Programme zu kürzen, einhergeht) trugen viel dazu bei, das Tal der Verzweiflung zu vertiefen.

Das Problem mit diesen herkömmlichen Leaders ist laut Krugman, dass sie Angst davor haben, die Prioritäten der Eliten in Frage zu stellen, insbesondere was die Bessenheit mit Haushaltsdefiziten betrifft; die Furcht davor, als unverantwortlich betrachtet zu werden. 

Und damit wird das Feld unkonventionellen Leaders überlassen, wobei einige davon in der Tat schwer beängstigend sind, die bereit sind, um die Wut und Verzweiflung der Bürger anzugehen.

Die griechischen Linken, die noch in diesem Monat durchaus an die Macht kommen dürften, sind wohl die wenigsten Beängstigende in diesem Bunde, legt Krugman dar. An anderer Stelle hingegen sehen wir aber den Aufstieg der nationalistischen, ausländerfeindlichen Parteien wie der französischen Front National und der britischen Independence Party oder UKIP in Grossbritannien. Und es gibt dazu noch schlimmere Leute in den Startlöchern.

Krugman will nicht andeuten, dass wir an der Schwelle dessen sind, wieder zu erleben, was sich in den 1930er Jahren abgespielt hat. Aber der Träger des Wirtschaftsnobelpreises argumentiert, dass politische Leaders und Meinungsmacher der Realität ins Augen blicken müssen, dass die gegenwärtige globale Einstellung nicht für jedermann funktioniert. Das Tal der Verzweiflung ist sehr real. Und schlechte Dinge dürften passieren, wenn wir nichts dagegen täten.




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