Donnerstag, 11. Juni 2015

Warum die Zinsen nicht künstlich niedrig sind

Antonio Fatas beteiligt sich in seinem Blog an der Debatte über die niedrigen Zinsen in den meisten Volkswirtschaften, die zuletzt von Ben Bernanke mit einem Blog-Eintrag wieder aufgelebt worden ist.

Der ehemalige Fed-Präsident hat in einer Reihe von Blog-Posts dargelegt, was die Zinsen bestimmt. Sein Argument lautet, dass es die globale Dynamik von Ersparnissen und Investitionen ist, die Mitte der 1990er Jahre einen Abwärtstrend der Zinsen eingeleitet hat, welche sich in Folge der Finanzkrise von 2008 wieder beschleunigt hat.

Laut Bernanke reagieren Zentralbanken einfach auf das wirtschaftliche Geschehen: sie treiben die Zinsen nicht an. Was der gegenwärtige Berater von Hedge Fund Citadel m.a.W. beschreibt, ist der Rückgang des natürlichen Realzinssatzes, erklärt Fatas.

Allerdings gibt es andere Ansichten, wonach die Zentralbanken die Zinsen „künstlich niedrig“ halten und dadurch die finanzielle Stabilität gefährden und v.a. Spekulationsblasen verursachen.

Fatas hält aber solche Argumente für nicht überzeugend. Die erste Frage, die an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor stellt, ist, wie die Zentralbanken die Zinsen am Markt für eine so lange Zeit kontrollieren und verzerren können?

Die Modelle, die die Zentralbanken so stark einschätzen, legen nämlich dar, dass das nur dann möglich ist, wenn die Preise und Löhne nach unten starr sind (rigidities). Solche Starrheiten werden jedoch als vorübergehend angenommen, weil die Preise sich mit der Zeit wieder anpassen. Wie kann es also sein, dass die Zentralbank es schafft, den Realzins für mehr als zehn Jahre lang so zu beinflussen? Es ist nicht denkbar, dass es ein Modell gibt, welches diese Haltung unterstützt, erläutert Fatas weiter.

Die zweite Frage ist, wie kann es sein, dass ein künstlich niedriger Zinssatz auf die Inflation so lange keine Auswirkung entfaltet? Die urprüngliche Interpretation der Taylor-Regel betrifft nämlich immer die Höhe der Zinsen, die mit einer stabilen Inflationsrate vereinbar ist. Wie kann also eine Abweichung von der Taylor-Regel, die Jahre anhält, zu keinem Anstieg der Inflation führen und sogar eine Niedriginflation auslösen? Es gibt wahrscheinlich kein Wirtschaftsmodell, mit dem die Frage angemessen beantwortet werden kann, unterstreicht Fatas weiter.

Ferner: Was diejenigen, die die Meinung vertreten, dass die Zinsen künstlich niedrig sind, übersehen ist, dass die Zinssätze auf globaler Ebene niedrig sind. Es betrifft also nicht nur die US-Wirtschaft. Welche Art von Koordination zwischen allen Zentralbanken kann sonst bestehen, um dafür zu sorgen, dass die Zinsen überall auf der Welt niedrig bleiben, ohne Inflation auszulösen?

Daraus folgt, wie Fatas als Fazit festhält, dass die Zinsen derzeit nicht künstlich niedrig sind.


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