Mittwoch, 2. Dezember 2015

Niedrigzinsen und dunkle Ecken der Wirtschaft

Wird Fed-Chefin Janet Yellen in der nächsten Sitzung der US-Notenbank am 16. Dezember die Zinsen anheben oder nicht?

Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im Dezember beläuft sich z.Z. auf 74%, wie Bloomberg berichtet. Für 2016 hingegen prognostizieren die Future-Märkte eine Wahrscheinlichkeit von 100%.

Eine Frage, die Spekulationen ins Kraut schiessen lässt, ist, ob weitere Zinserhöhungen schrittweise folgen werden? Erinnerungen an den Ausdruck „measured pace“, der von der Fed im Jahr 2004 verwendet wurde, werden wach.

Yellen hat aber deutlich gemacht, dass der geldpolitische Ausschuss (FOMC) der US-Notenbank nicht beabsichtige, einem vorgegebenen Verlauf der Zinsstraffung zu folgen. Der tatsächliche Pfad der Geldpolitik werde im Einklang mit der Entwicklung der Wirtschaft festgelegt.

Je nach der Entwicklung der Realwirtschaft und der Inflation könne die Straffung der Geldpolitik beschleunigt, verlangsamt, angehalten oder sogar umgekehrt werden, so Yellen.

Yellen nimmt zudem an, dass der reale Gleichgewichtszinssatz derzeit nahe null liegt und nur langsam im Laufe der Zeit steigen werde.



Nachfrageausfall und der reale Gleichgewichtszinssatz, Graph: Morgan Stanley


Analysten von Morgan Stanley liefern dazu eine interessante Abbildung, die den realen Gleichgewichtssatz im Lichte des Nachfrageausfalls zeigt.

Es geht nicht darum, dass die Fed die Geldpolitik unvoraussehbar gestalten will, damit die Anleger nicht selbstgefällig werden. Viel mehr wird damit die Tatsache unterstrichen, dass es noch viel Unsicherheit darüber gibt, wo der neutrale Zinssatz genau liegt und wie dieser sich entwickeln wird.



Fed 2016 Hawk-Dove, Graph: Morgan Stanley

Im Grunde genommen scheint die gegenwärtige Geldpolitik auch bei Nominalzinsen nahe null nicht akkommodativ genug. Angesichts der real-wirtschaftlichen Konditionen ist sowohl die europäische als auch die amerikanische Geldpolitik nicht zu locker, wenn überhaupt zu restriktiv, bemerkt Brad DeLong in einem aktuellen Artikel („The Trouble with Interest Rates“) in Project Syndicate.


Fed Funds Rate FFR); Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im Dezember 2015, Graph: FT

Der natürliche Zinssatz ist eigentlich niedriger als die gegenwärtige Geldpolitik hergibt, so der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.


Der effektive FFR, Graph: FT

Fazit: Es scheint mit heutigen Zinssätzen etwas nicht zu stimmen. Warum sind immer noch so niedrige Zinsen für die Wirtschaft angemessen? Olivier Blanchard nennt es „dark corners“ der Wirtschaft, die von der Forschung beleuchtet werden müssten.




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