Montag, 6. Februar 2017

Überschuss im Aussenhandel und Schuldenbremse im Inland

Peter Navarro hat nicht ganz Unrecht, schreibt Wolfgang Münchau in seiner Kolumne bei FT am Montag.

Im vergangenen Jahr ist Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss auf 9% des BIP gestiegen. Das ist weltweit der grösste Wert in absoluten Zahlen.

Warum hat aber die deutsche Wirtschaft einen so hohen Überschuss? 

Die oberflächliche Antwort ist, dass Deutschland nicht mehr eine eigene Währung hat und somit keinen nominalen Wechselkurs anpassen muss, argumentiert Münchau.

Die Aussage schlägt jedoch fehlt, die zugrundeliegende Dynamik zu erklären: Berlin hat nämlich während der Krise eine strikte Austerität-Politik für die gesamte Eurozone vorgeschrieben und für sich einen ausgeglichenen Haushalt verordnet.

Dem öffentlichen Sektor wurden damit die Hände gebunden, mit deficit spending den Überschuss im privaten Sektor auszugleichen.

Die Wurzeln des strukturellen Überschusses Deutschlands liegen in der Kombination von harschen Fiskal-Regeln und einer Währung, die aufgrund eines inkompetenten Krisenmanagements der Eurozone schwach tendiert, erläutert Münchau weiter.


Deutschland: Leistungsbilanzüberschuss, Graph: EU Commission in: Country Report Germany 2016, Febr.


Der Chef des Wirtschaftsdienstes Eurointelligence unterlässt es nicht, zu unterstreichen, dass Deutschland zwar im Devisen-Markt nicht interveniert hat, um den nominalen Wert der Gemeinschaftswährung zu manipulieren.

Aber Berlin hat systematisch eine Lohndumping-Politik verfolgt. Das heisst, dass Deutschland die Löhne  der Arbeitnehmer real gedrückt und einen Policy Mix für die Eurozone diktiert hat, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass auch die EU-Kommission solche Einwände wie aus den USA via Navarro in den vergangenen Jahren erhoben hat. 

In Berlin wurden aber alle Warnungen im Rahmen des MIP-Verfahrens (macroeconomic imbalance procedure) jedes Jahr in den Wind geschlagen.



Deutschland: Ersparnisse und Investitionen im öffentlichen Sektor, Graph: EU Commission in: Country Report Germany 2016


Nun beschuldigt Wolfgang Schäuble in einem aktuellen Interview mit dem Tagesspiegel die EZB, eine zu lockere Geldpolitik zu verfolgen. Der Euro-Wechselkurs sei für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu niedrig.

Die Argumentation des deutschen Finanzministers ist aber nicht glaubwürdig, weil die sog „Schwarze-Null“ sein Prestigeprojekt ist.

Wie soll der öffentliche Haushalt strukturell ohne Kredit finanziert werden, wenn der Privatsektor (private Haushalte und Unternehmen) Netto-Sparer sind? 

Das geht nur zu Lasten des Auslands. Damit entstehen aber auf die lange Dauer Ungleichgewichte, die unerträgliche Ausmasse erreichen und anhaltende Krisen verursachen, weil dadurch auch Arbeitslosigkeit ins Ausland exportiert wird.

Die "Kritik" aus dem Ausland kommt daher keinesfalls überraschend. 








1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern für die ganze eurozone: https://ideas.repec.org/p/hlj/hljwrp/52-2014.html