Mittwoch, 19. Juli 2017

Initial Coin Offerings: Etwas für Nichts auf Blockchain


Es ist eine ansehnliche Summe Geld, die die start-up Technologie Unternehmen via „Initial Coin Offerings“ (ICO) seit Jahresbeginn aufgenommen haben: 1,2 Mrd. USD.

Was ist aber ein ICO?

Man kann es sich wie ein IPO (Initial Public Offering), die Notierungsaufnahme der Aktien (Erstplatzierung) eines Unternehmens beim Börsengang vorstellen.

Das ICO (*) ist aber eine Art Crowdfunding, die in der Blockchain Community stattfindet, wie Autonomous, ein Finanz-Research-Anbieter es beschreibt.

Ein ICO umfasst ein Unternehmen, welches im Bereich „Blockchain-Technologie“ tätig ist und digitale Tokens oder Coins verkauft, wie z.B. Ether oder Bitcoin, die die Investoren befähigen, die Software oder die Dienstleistungen des einschlägigen Unternehmens zu benutzen.

Beim Produkt handelt es sich öfters um eine Software, die das Unternehmen, der ICO-Anbieter herstellen will. 

Das Unternehmen arbeitet also noch daran. Das heisst, dass das Produkt noch nicht vorhanden ist.

Bei ICOs wird das Geld i.d.R. in rund 30 Minuten aufgenommen. Es ist wichtig, zu unterstreichen, dass die Investoren damit (im Gegensatz zu Aktien, die man bei einem IPO zeichnet) keine Anteile an dem Unternehmen kaufen und auch über kein Stimmrecht verfügen. 

Und das alles geschieht ausserhalb der Sichtweite der Wertpapieraufsichtsbehörden.



Bemerkenswerte ICOs, Graph: Authonomous in: #Token Mania, Lex Sokolin, July 2017.


Man stelle sich den folgenden Fall vor: 

Sie wollen ein neues Spielkasino eröffnen. Und sie verkaufen im Voraus die eigenen Plastikchips, um den Bau des Kasinos zu finanzieren, in Erwartung, dass die Käufer die erworbenen Chips benutzen und damit zur Wertsteigerung beitragen. (**)

Darüber hinaus beginnen die Käufer, mit den gekauften Chips unter sich zu handeln, in Erwartung, dass die Chips an Wert gewinnen, sobald das Kasino Türen öffnet.


ICO Umfang im Jahresvergleich, Graph: Authonomous in: #Token Mania, July 2017.


Manche Beobachter des ICO-Marktes warnen, wie FT aus London berichtet, dass viele ICOs betrügerisch von statten gehen, die darauf hinaus sind, vor dem Hintergrund der fehlenden Aufsicht und Regulierung aus der gegenwärtigen Begeisterung im Social Media über Crypto-Währungen Kapital zu schlagen.

Nach Angaben von Autonomous sind mit ICOs 26 Mio. USD im Jahr 2014 aufgenommen worden: 2015: 14 Mio. USD und 2016: 222 Mio. USD. 

In diesem Jahr wurden allein bis Mitte Juli 56 Token verkauft, in Höhe von 1,27 Mrd. USD.


ICOs seit Jahresbeginn, Graph: Authonomous in: #Token Mania, July 2017.



Zuletzt haben Tezos und EOS.IO, zwei Start-ups, rund 200 Mio. USD in den vergangenen zwei Wochen gesammelt.

„Etwas für Nichts“ gilt buchstäblich für den Fall EOS. Das Unternehmen, das hinter EOS steht, heisst block.one, das 200 Mio. USD bei der Ausgabe seiner Crypto-Währung aufgenommen hat.

Das gesammelte Geld soll nach Angaben von block.one für die Finanzierung einer neuen Software verwendet werden, um damit eine besser skalierbare Blockchains zu bauen. Mit Blockchain wird i.d.R. eine Art dezentralisierte Datenbank beschrieben.

FTAlphaville, der Blog von FT hat neulich angefangen, unter der Rubrik „ICOmedy Series“ über das gegenwärtige ICO-Umfeld analytisch und kritisch zu berichten.

Es liegt demnach nahe, ICOs mit einer Kickstarter-Kampagne zu vergleichen: Investor übergibt das Geld und bekommt im Gegenzug irgendwie einen Zugang zu einem Produkt, das noch nicht fertig gestellt ist. 

Der Zugriff auf das Produkt wird durch ein Token gewährleistet, welches mit der entwickelten Software benutzt werden kann.

Im Fall von block.one steht unter „Fragen & Antworten“ erstaunlicherweise zu lesen, dass „EOS-Token keine Rechte, Verwendungen, Zweck, Funktionalitäten oder Funktionen enthalten, weder ausdrücklich noch stillschweigend .... „ Es ist verblüffend, das Ganze zu lesen.

Dennoch hat das Unternehmen 200 Mio. USD gesammelt. Ungeheuer?

Die Idee hinter dem Produkt EOS ist, auf einem Blockchain-Netzwerk eine Breitband Storage (mit computational power ausgestattet) zu bauen, und zwar mit einer Software, die die Zuordnung von Tokens durch die Benutzer gewährleisten soll. Das heisst, wenn man z.B. 50% der Tokens im Blockchain-Umlauf besitzt, dann kann man 50% der Storage-Kapazität für sich in Anspruch nehmen.

Was sollen wir dazu sagen? Die Investoren, die die EOS-Token kaufen, haben bestimmt gewisse Erwartungen.

Auf der Webseite des Unternehmens ist weiter zu lesen, dass es mit den Einnahmen aus dem ICO im Grunde genommen machen kann, was es will (sole discretion).


Wie es mit der Regulierung in der Schweiz aussieht, Graph: Autonomous, July 2017



(*) Manche Experten reden (statt von ICO) von “Token Launch”, d.h. Token Markteinführung oder sogar von ITO, Initial Token Offering.

(**) ICO: functional value vs. speculative value.


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