Sonntag, 17. Dezember 2017

Niedriginflation und der Mangel an „safe assets“


Die Fed hat am Mittwoch wie von den Finanzmärkten im Allgemeinen erwartet die sog. Fed Funds Rate (Tagesgeldsatz) um 0,25% erhöht. Das neue Zielband weist jetzt eine Breite von 1,25% bis 1,5% auf.

Die US-Notenbank hat damit die Zinsen seit Dezember 2015 das fünfte Mal angehoben.

Was danach geschehen ist, erstaunt weiter die meisten Marktteilnehmer, auch diesmal:

Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist gesunken.

Die Abflachung der Ertragskurve (yield curve) hat sich fortgesetzt: Die an die 2s10s gemessene Renditedifferenz (spread) ist auf 52,30 Basispunkte geschrumpft.

I.d.R. wäre genau das Gegenteil zu erwarten. Die Rendite am langen Ende der Kurve müsste steigen.

Doch die Finanzierungskosten sind weiterhin aussergewöhnlich locker geblieben. Der US-Dollar Wechselkurs hat sogar nachgelassen.

Zur Erinnerung: Der EUR hat sich gegenüber dem USD seit Jahresbeginn um 12,2% aufgewertet. Die Währungsexperten der ING Bank NV sagen voraus, dass die Gemeinschaftswährung auch im kommenden Jahr um etwa 10% an Wert gewinnt.


Auf Hedging-Basis ergibt sich eine negative Rendite aus US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit für Investoren mit EUR, Graph: Bloomberg


Die Nachfrage nach US-Treasury Bonds aus Europa reisst aber nicht ab. 

Das ist verblüffend angesichts der Tatsache, dass die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit aus Sicht der europäischen Investoren (auf Hedging-Basis) noch nie so negativ war, wie in der ersten Abbildung anschaulich dargestellt ist.

Bemerkenswert ist daher, dass der EURUSD 3m Basis Swap Satz am Freitag von minus 77,52 auf minus 88,53% abgestürzt ist. Das bedeutet, dass die europäischen Banken, die sich in USD finanzieren wollen, bereit sind, eine Prämie zu zahlen, um USD aufnehmen zu können.


EURUSD 3m Basis Swap, Graph: Bloomberg 


Eine mögliche Erklärung wäre:

Ein europäisches Unternehmen, das USD braucht, verkauft i.d.R. in USD denominierten Anleihen. Abnehmer solcher Obligationen sind zumeist US-Unternehmen mit Sitz in Europa, die über sog. offshore-Cash verfügen.

Sie wollen aber z.Z. ihre flüssigen Mittel eher beibehalten. Denn je nachdem, wie die endgültige Version der Steuerpläne der US-Administration aussieht, könnten manche US-Unternehmen nicht abgeneigt sein, einen Teil ihrer offshore-Gewinne wieder in die USA zurückzubringen (repatriate).

Es ist daher denkbar, dass europäische Emittenten nun Kredite in EUR aufnehmen und dabei den Swap-Markt anzapfen, um USD zu bekommen. 

Das hat jetzt möglicherweise zu einem Anstieg der USD-Kreditkosten gegenüber dem EUR und dem JPY geführt.

So sind die cross-currency-Basisswaps in den letzten Tagen ins Rampenlicht geraten. Schliesslich ist die Prämie, um USD im Austausch für den EUR (für 3 Monate) zu leihen, auf ein Sechs-Jahres-Hoch geklettert.



Cross-Currency Basis Swap, Graph: Bloomberg Markets, Dec 15, 2017.


Fazit: Die jüngste Entwicklung legt nahe, dass es keinen Grund für eine Fiskal-Panik gibt. Die Bond-Investoren flehen Regierungen praktisch an, mehr Papiere auszugeben: Es fehlt an „safe assets“. Es wäre deshalb nicht absurd, zu sagen, dass im Grunde genommen mehr Verschuldung das Gebot der Stunde ist. 

Doch der Einsatz der Fiskalpolitik zur Ankurbelung der Wirtschaft bleibt ein Tabu, v.a. im Euroraum, aus ideologischen Gründen. Das ist es eigentlich, was rätselhaft genannt werden kann, nicht die Situation, warum die Renditen und die Inflation anhaltend niedrig bleiben.

Die EZB rechnet (nach den am Donnerstag vorgelegten EZB staff macroeconomic projections) mit einer Inflationsrate von 1,7% im Jahre 2020, was - strikt nach der Definition - mit Preisstabilität kaum in Einklang gebracht werden kann.



Euroraum: Inflation und Inflationsprognosen, Graph: Benoît Cœuré, EZB, Dec 15, 2017


Das würde bedeuten, dass die EZB die eigene Zielinflationsrate (von rund 2%) neun Jahre infolge unterbietet, während die unerträglich hohe Unterbeschäftigung im Euroraum anhält.

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